Die fünf grössten Agrochemiekonzerne der Welt machen Milliarden mit gefährlichen Pestiziden. Oft in Schwellen- und Entwicklungsländer, wo wenig reguliert wird.
Pestizid syngenta
Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern werden gefährliche Pestizide häufig verkauft. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Jedes Dritte verkaufte Pestizid ist gefährlich für Mensch und Umwelt.
  • Besonders häufig werden die gefährlichen Pflanzenschutzmittel in ärmeren Ländern verkauft.

Weil alle von Umweltschutz sprechen, geben sich heute selbst Grosskonzerne grün. So liess Erik Fyrwald – Chef des Agrochemiekonzerns Syngenta – jüngst in der «Weltwoche» verlauten, er werde sich «weiterhin dafür einsetzen, dass Syngenta innovative und umweltschonende Lösungen entwickelt».

Eine Studie der Schweizer Nichtregierungsorganisationen Public Eye und Greenpeace UK zeigt aber ein anderes, wenig umweltfreundliches Bild des Basler Konzerns.

Gemäss der Untersuchung machen Syngenta und die Konkurrenten Bayer, BASF, Corteva und FMC – die fünf grössten Agrochemiekonzerne der Welt – 35 Prozent ihrer Pestizid-Umsätze mit Produkten, welche hochgiftige Substanzen für Mensch oder Umwelt beinhalten. Wobei im Fall des Schweizer Unternehmens der Anteil mit 39 Prozent über dem Durchschnitt liegt.

Pestizide
Gemäss einer Studie von Public Eye und Greenpeace UK machen die fünf grössten Agrochemiekonzerne im Pestizid-Geschäft 35 Prozent Umsatz mit gefährlichen Stoffen. - Public Eye

Analysiert wurden Pestizidverkäufe aller Kategorien – also Unkrautvernichter, Antipilzmittel und Insektizide – aus dem Jahr 2018. Dies sorgen für einen Umsatz von insgesamt 23 Milliarden Dollar. Die Daten stammen von der Analysefirma Phillips McDougall.

Stoffe in der Schweiz verboten

Ein Viertel der verkauften Produkte wirke sich langfristig auf die menschliche Gesundheit aus, schreiben die Autoren. Unter anderem wegen Stoffen, die als «wahrscheinlich krebserregend» gelten oder Substanzen, welche die Entwicklung von Kindern beeinträchtigen können. Etwa Chlorothalonil und Chlorpyrifos – beide wurden in der Schweiz kürzlich verboten.

Laut der Untersuchung machen die Konzerne vier Prozent ihrer Pestizidumsätze mit Stoffen, welche für Menschen akut hochtoxisch sind. «Pestizide dieser Art verursachen jedes Jahr rund 25 Millionen Fälle akuter Vergiftungen», schreiben die Autoren. 220’ 000 davon enden tödlich, die meisten Fälle ereignen sich in Entwicklungsländern.

Nicht nur die Menschen leiden unter den gefährlichen Pflanzenschutzmitteln: Zehn Prozent der Verkäufe betreffen Stoffe, welche für Bienen hochgiftig sind.

Pestizide
Gefährliche Pestizide werden häufig in Länder verkauft, wo die Regulatoren weniger streng sind, wie die Studie von Syngenta. - Public Eye

Für die Analyse wurden die 43 grössten Märkte für Pestizide berücksichtigt. Ein genauer Blick zeigt: 60 Prozent aller Verkäufe von hochgefährlichen Pflanzenschutzmitteln entfallen auf Entwicklungs- und Schwellenländer. Die Autoren werfen den Konzernen vor, schwache Regulierung auszunutzen, um Produkte verkaufen zu können, welche die Schweiz und EU längst verboten haben.

Grosse Marktanteile in Entwicklungsländern

So machen gefährliche Pestizide in Brasilien knapp die Hälfte aller Verkäufe aus. In Indien sind es gar 59 Prozent. Zum Vergleich: In Frankreich und Deutschland liegen die Anteile bei 11 beziehungsweise 12 Prozent, in den USA bei 35 Prozent.

Public Eye schlussfolgert, dass es verbindliche Massnahmen durch die Länder brauche, wo die Firmen angesiedelt sind. Im Fall von Syngenta – mittlerweile zwar in Besitzt des chinesischen Staatskonzerns ChemChina – wäre dies die Schweiz. «Sie müssen sicherstellen, dass die Pestizidkonzerne weltweit die Menschenrechte achten und Umweltschäden vermeiden.»

Syngenta verringert mit Pestiziden Ernteausfälle

Syngenta wollte sich gegenüber Nau.ch nicht zur Studie äussern und verweist an die Lobby-Organisation Croplife. Deren Präsidentin Giulia Di Tommaso schrieb nach der Publikation der Studie in einem Blogeintrag, dass man als gefährlich eingestufte Pestizide nicht verbieten solle. «Sie können immer noch effektiv genutzt werden, wenn sich Landwirte an die Sicherheitsbestimmungen halten.»

Di Tommaso hält fest, dass sich ohne Pestizide die Ernteausfälle verdoppeln könnten. Zudem würden die Croplife-Mitglieder sich an den Verhaltenskodex für Pestizidmanagement der Weltgesundheitsorganisation und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen halten.

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