Wegen der steigenden Energiekosten sinkt in der deutschen Wirtschaft Woche für Woche die Zahlungsmoral.
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Euro-Geldscheine. Qiagen fiel durch seinen deutlichen Kursausschlag auf. (Symbolbild) - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Stornierungswelle im Wohnungsbau wegen hoher Materialkosten und Energiepreise.

Die hohen Kosten sorgten dafür, dass Unternehmen ihre Rechnungen verspätet oder gar nicht bezahlen, warnt die Auskunftei Creditreform, wie die «Neue Osnabrücker Zeitung» am Dienstag berichtete. Einer Analyse des Münchner Ifo-Instituts zufolge gibt es derzeit zudem wegen der hohen Materialkosten und Energiepreise immer mehr Stornierungen im Wohnungsbau.

«Das Ausfallrisiko bei Unternehmen steigt derzeit fast wöchentlich», sagte Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform der «NOZ». Demnach waren zuletzt bundesweit mehr als 2,1 Millionen Rechnungen überfällig beglichen worden, rund 280.000 Unternehmen zahlten deutlich verspätet. Das ziehe sich durch alle Branchen und «Unternehmen aller Grössenklassen lassen ihre Kreditgeber zurzeit länger und über das gesetzte Zahlungsziel hinaus auf den Geldeingang warten», sagte Hantzsch.

Besonders betroffen ist laut Creditreform die Baubranche. Den Zahlen zufolge werden dort derzeit mehr als 350.000 Rechnungen überfällig bezahlt, etwa 70.000 Unternehmen zahlten deutlich verspätet. Neben der Baubranche leiden auch der Einzelhandel, die Chemie- und Kunststoffbranche sowie die Elektroindustrie unter der schlechten Zahlungsmoral von Kunden.

Die Wohnungsbaubranche hat zudem das Problem, dass es immer häufiger zu Stornierungen der Aufträge kommt. Nach einer Analyse des Münchner Ifo-Instituts waren im September 16,7 Prozent der befragten Unternehmen davon betroffen, nach 11,6 Prozent im August. Wegen der hohen Preise und Finanzierungszinsen sei die «Planungssicherheit dahin», erklärte das Institut.

Auch die Geschäftserwartungen trübten sich nochmals ein und fielen auf minus 53,2 Punkte, das sei ein «aussergewöhnlich schwacher» Wert. Zwar verfügten die Firmen noch immer über grosse Auftragsreserven, aber «die Zukunftssorgen waren selten so gross». Zudem meldeten 32,7 Prozent der Unternehmen Engpässe beim Baumaterial. Wegen der Weitergabe der höheren Beschaffungskosten an die Kunden sind ausserdem für die kommenden Monate «auf breiter Front weitere Preiserhöhungen geplant».

Die Experten bei der Auskunftei Creditreform gehen unterdessen davon aus, dass es im ersten Quartal 2023 einen starken Anstieg der Insolvenzen in Deutschland geben wird. Dass Unternehmen wieder in die Insolvenz gehen, ist Hantzsch zufolge aber auch «richtig und wichtig». «Eine auf marktwirtschaftliche Prinzipien aufgebaute Volkswirtschaft verträgt es nicht, wenn alle Unternehmen auf Teufel komm raus am Leben erhalten werden», sagte er der «NOZ».

Das Geschäftsklima des deutschen Mittelstands stürzte nach Angaben von Ifo und KfW im September um 7,8 Punkte auf minus 23,9 Punkte ab - das war der tiefsten Stand seit 28 Monaten. Die Beurteilung der Lage sowie die Geschäftserwartungen sanken, letztere kommen damit «ihrem Allzeittief aus der Anfangszeit der Corona-Pandemie immer näher», wie es hiess.

«Die Ängste der Unternehmen vor explodierenden Energiekosten und kollabierender Nachfrage mit Blick auf das Winterhalbjahr sind umfassend und gross», fassen Ifo und KfW die Lage zusammen. Am niedrigsten ist das Stimmungsniveau im Einzelhandel, danach folgt der Grosshandel. Im Mittelfeld liegt das Verarbeitende Gewerbe.

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