Preisaufschlag auf Fleisch für mehr Tierwohl soll kommen - in mehreren Jahren

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Deutschland,

«100 Gramm Hähnchenfleisch für 17 Cent» - solche Angebote soll es nach dem Willen von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) nicht mehr geben.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Klöckner: «Waren noch nie so weit» .

Nach einem branchenübergreifenden Gespräch zur Nutztierhaltung am Freitag sagte sie, erstmals überhaupt habe sich die gesamte Kette vom Erzeuger bis zum Handel für eine Tierwohlabgabe ausgesprochen. «Wir waren noch nie so weit.» Die Umsetzung allerdings wird demnach Jahre dauern: «Das ist keine Frage einer Legislaturperiode».

Am Branchentreff Fleisch «Vom Stall bis zum Teller» in Düsseldorf nahmen Vertreter von Landwirten, Schlachtbetrieben und Handelsunternehmen teil, Tierschützer, Verbraucherschützer und Vertreter des Kartellamtes. Grund für das Treffen sind die Corona-Ausbrüche in grossen Schlachtbetrieben.

Corona habe «wie ein Brennglas» die Probleme erkennbar werden lassen, sagte Klöckner. Zu dem Treffen seien dennoch nicht die Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer in den Schlachthöfen eingeladen worden - dies werde Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) machen.

Bei dem Treffen in Düsseldorf ging es laut Klöckner vor allem um die Preisgestaltung für das Lebensmittel Fleisch. «Der Preis für Fleisch und Wurst gibt nicht den wahren Wert wider.» Fleisch solle zwar keine Luxusware werden, «aber auch keine Alltagsramschware».

Die von Klöckner eingesetzte Borchert-Kommission hatte im Februar eine Steuer von 40 Cent pro Kilo Fleisch vorgeschlagen. Das Geld solle in einen Fonds fliessen, aus dem Landwirte dann Mittel für Stallumbauten oder -neubauten bekommen können. Dafür sprach sich nun Klöckner aus. Die Umsetzung hänge aber ab von vielen Faktoren - vor allem auch der EU-Gesetzgebung. «Wir wollen nicht, dass die Produktion von Fleisch ins Ausland abwandert.» Sie wolle daher zunächst das europäische Tierwohlkennzeichen «voranbringen».

Schneller soll demnach die Überprüfung gehen, ob Werbung mit Dumpingpreisen für Fleisch nicht verboten werden könne. Es sei nicht einfach, in die Preisgestaltung einzugreifen, sagte Klöckner. Möglich sei dies vielleicht unter Verweis auf ethische Gründe.

Gastgeberinnen des Branchengesprächs waren auch die Landwirtschaftsministerinnen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Ursula Heinen-Esser (CDU) und Barbara Otte-Kinast (CDU). In beiden Ländern konzentrieren sich 60 Prozent der schweinehaltenden Betriebe, hier arbeiten die vier grössten Schlachthöfe des Landes. Bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück etwa werden 25.000 Tiere pro Tag geschlachtet.

Nach Angaben von Heinen-Esser ging es bei dem Branchentreffen auch um die Versorgungssicherheit und die Aufrechterhaltung der Lieferketten. Wenn ein grosser Schlachtbetrieb ausfalle, dann sei das aufzufangen - bei mehreren gleichzeitig sei das problematisch. Die Landwirte müssten dann «flexibel» reagieren.

Otte-Kinast betonte, die Politik habe auch "ein grosses Interesse daran, unsere Landwirtschaft zu halten in unseren Ländern und weiter nach vorn zu bringen. Sie verglich den Umbau der Tierhaltung mit dem Ausstieg aus der Atomkraft: Auch das sei gesellschaftlich gewollt gewesen, alle hätten es finanziell über die EEG-Umlage mitgetragen. "Nun müssen wir ähnlich frech sein und in diese Richtung denken."

Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder, der an dem Treffen teilnahm, äusserte sich enttäuscht: «Es wurde geredet, es wurde sich ausgetauscht. Aber konkret wurde es nicht.» Es brauche klares und schärferes Ordnungsrecht. Es brauche starken Vollzug und durchgreifende Kontrolle. «Dieser Dreiklang fehlt derzeit.»

Das Treffen war bereits vor Beginn auf massive Kritik gestossen; der DGB etwa sprach von einer «Showveranstaltung».

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