Autoindustrie: Chipkrise könnte Kurzarbeit auslösen
Lieferengpässe von Halbleitern könnten in der Autoindustrie zehntausende Mitarbeiter in die Kurzarbeit zwingen. Gewerkschafter aus Deutschland warnen davor.

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einer neuen Chipkrise mit dramatischen Folgen. Volkswagen prüft bereits mit der Bundesagentur für Arbeit eine mögliche Kurzarbeit für mehrere zehntausend Mitarbeiter.
Der Konzern schliesst kurzfristige Produktionseinschränkungen nicht mehr aus, nachdem Lieferprobleme beim niederländischen Chiphersteller Nexperia aufgetreten sind, berichtet der «Spiegel».
Volkswagen teilte intern mit, dass Auswirkungen auf die Produktion kurzfristig jedoch nicht ausgeschlossen werden könnten. Der Wolfsburger Konzern steht laut «Automobil Produktion» in engem Kontakt mit allen relevanten Beteiligten, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
Autoindustrie: Bosch meldet bereits Kurzarbeit an
Die Auswirkungen treffen bereits die Zulieferer der Autoindustrie mit voller Wucht. Bosch hat laut IG-Metall-Vorstandsmitglied Mario Gutmann im niedersächsischen Salzgitter Kurzarbeit für mehr als 1000 Beschäftigte angemeldet, berichtet «Echo24».

Die Knappheit wirke sich wegen der Just-in-Time-Materialversorgung sofort aus, erklärte der Bosch-Betriebsrat. Bei anderen Autozulieferern gebe es bereits starke Schwierigkeiten in einzelnen Bereichen, wo Kurzarbeit angemeldet worden sei.
Dies sagte der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott bei einer Pressekonferenz in München, berichtet «Echo24».
Geopolitischer Konflikt als Ursache
Der Auslöser der Krise liegt in einem geopolitischen Machtkampf zwischen verschiedenen Wirtschaftsmächten. Die niederländische Regierung hatte die Kontrolle über Nexperia übernommen, nachdem die USA Druck ausgeübt hatten, so «Autohaus.de».
Als Reaktion darauf stoppte China die Ausfuhr von Nexperia-Produkten wie Halbleitern für die Autoindustrie. Klaus Schmitz von Arthur D. Little betonte laut «Automobil Produktion»: Die aktuelle Situation sei ausschliesslich durch politisches Handeln mit direkter Wirkung ausgelöst worden.
Der Unternehmensberater sieht dies als bereits dritte Chipkrise innerhalb von anderthalb Jahrzehnten, jedoch mit völlig neuer Ursache.
Qualifizierung als zentrales Problem
Die Suche nach Ersatzlieferanten gestaltet sich äusserst schwierig. Wolfgang Weber vom Verband ZVEI erklärte laut «Autoservicepraxis», dass ein Problem in der notwendigen Qualifizierung der Ersatzbauteile liege.
Der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung könne deshalb keine Entwarnung geben und forderte eine schnelle politische Lösung. Substitutionen durch alternative Hersteller seien nur begrenzt möglich, da die Qualifizierung nach automobilen Normen aufwendig sei.
Mercedes zeigt sich optimistischer
Nicht alle Hersteller sind gleich stark betroffen von den Lieferengpässen. Mercedes-Benz rechnet kurzfristig nicht mit Ausfällen und ist im Kurzfristzeitraum abgesichert, teilte der Stuttgarter Autobauer auf Anfrage mit, berichtet «Autohaus.de».
Man arbeite intensiv mit Partnern daran, eventuell auftretende Lücken zu schliessen.
Volkswagen teilte am Freitag mit, dass die Fahrzeugproduktion in der kommenden Woche an den deutschen Standorten abgesichert sei, so «Nachrichten.at». Auch die Produktionsstandorte von Audi, Porsche sowie die Werke in Tschechien würden kommende Woche normal produzieren.
Bundesregierung sucht nach Lösungen
Die Politik versucht, den Konflikt diplomatisch zu entschärfen. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärte in Berlin, man sei besorgt und mit verschiedenen Beteiligten in engem Austausch, so «Autohaus.de».
Dies schliesse auch die chinesische Regierung ein, um die Lieferkettenschwierigkeiten zu lösen. Schmitz betonte, dass die Autoindustrie vor einer immensen Anpassungsschwierigkeit stehe, da offene Märkte und globale Arbeitsteilung sich massiv verändert hätten.
Er sieht dringenden Handlungsbedarf auf politischer Ebene, um die Industrie zu stabilisieren.












