Manche Hygienemasken werden in Zwangsarbeit hergestellt. Auch Grosskonzernen wird vorgeworfen, Uiguren in China auszunützen.
Nike Zwangsarbeit
Der Sportartikelhersteller Nike steht im Verdacht, von Zwangsarbeit zu profitieren. - sda - KEYSTONE/AP/MARK LENNIHAN
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gemäss Nichtregierungsorganisationen kommt es bei der Maskenproduktion zu Zwangsarbeit.
  • Auch Grosskonzerne stehen im Verdacht, von Zwangsarbeit in China zu profitieren.
  • Wegen Zwangsarbeit hat die USA chinesische Firmen auf eine schwarze Liste gesetzt.

Egal ob beim Detailhändler, der Apotheke oder Drogerie: Hygienemasken stammen in Normalfall aus China. Viele aus der Provinz Xinjiang.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist dort die Zahl der Maskenfabriken explodiert. Waren es vor der Krise noch vier Unternehmen, sind es heute 51.

Gemäss Nichtregierungsorganisationen arbeiten in mindestens 17 dieser Fabriken Uiguren aus Umerziehungslagern.

Xinjiang
Ein Umerziehungslager in Xinjiang. - AFP/Archiv

Bei den Uiguren handelt es sich um eine muslimische Minderheit, welche in der Provinz Xinjiang lebt. Eine Million ist in besagten Lagern inhaftiert.

Nur wegen des Glaubens eingesperrt

Die Regierung Pekings hat lange die Existenz dieser Umerziehungslager bestritten. Neuerdings argumentiert die kommunistische Partei, dass nur Straftäter und Fundamentalisten eingesperrt seien.

Es gibt Uiguren, welche sich zu Terroranschlägen bekannt haben. Gemäss Nichtregierungsorganisationen werden aber auch Uiguren einzig ihres Glaubens wegen in die Lager gesteckt.

Xi Maske China
Der chinesische Präsident Xi. - Keystone

Laut Peking sind die Uiguren dankbar, in den Fabriken arbeiten zu dürfen. Zudem sei das Arbeitsvermittlungsprogramm fair entlöhnt.

«Muss als Zwangsarbeit betrachtet werden»

Menschenrechtsaktivistin Amy Lehr hält dagegen: «Diese Arbeiter gehen nicht freiwillig in die Fabriken. Das muss an internationalen Massstäben gemessen als Zwangsarbeit betrachtet werden.»

Nicht erst seit den Masken ist bekannt, dass Uiguren aus den Umerziehungslagern für Arbeit in chinesischen Fabriken eingesetzt werden.

Für Aufsehen sorgte im Frühjahr eine Studie der Denkfabrik Aus­tralian Strategic Policy Institute. Dabei wurden 27 Fabriken identifiziert, an welche seit 2017 mindestens 80'000 Uiguren vermittelt wurden. Die Unternehmen stehen nicht nur in der Region Xinjiang, sondern in ganz China.

Nike Schaufensterpuppe
Nike steht in der Kritik, Uiguren auszubeuten. - Nike

Die Uiguren werden in Sonderzügen zur Arbeit gebracht. Sie dürften zwar ihre Arbeitsplätze zeitweise verlassen, stehen allerdings unter ständiger Beobachtung.

Viele Kleider mit Rohstoffen aus Xinjiang

Gemäss der Studie arbeiten 83 internationale Konzerne mit diesen Unternehmen zusammen. Darunter Apple, BMW, Nike, H&M, The North Face, Samsung, Sony, Volkswagen oder Huawei.

Neben Auto-, Industrie und Tech-Konzernen sind viele Kleiderhersteller auf der Liste. Das überrascht nicht: Jedes fünfte Kleidungsstück enthält Garn oder Baumwolle aus der Provinz Xinjiang.

Die kritisierten Unternehmen produzieren vor Ort nicht selbst, sondern deren Zulieferer. Eine unabhängige Prüfung der Situation ist schwierig, viele Uiguren sprechen aus Angst vor Repressalien nicht mit Journalisten.

Apple iMac
Apple gelingt eine Weltneuheit. - Keystone

Viele der kritisierten Firmen – etwa Apple und Volkswagen – weisen die Vorwürfe von sich. Nike und andere Firmen haben angekündigt, den Vorwürfen nachzugehen.

USA machen Druck

Das US-Handelsministerium hat neuerdings eine schwarze Liste von Unternehmen, welche an Menschenrechtsverletzungen gegen muslimische Minderheiten beteiligt sein sollen. Knapp 50 Firmen befinden sich auf der Liste.

Gemäss dem US-Handelsministerium haben zwei der indexierten Firmen genetische Analysen durchgeführt, um die Unterdrückung der Uiguren voranzutreiben. Handelsminister Wilbur Ross sagte letzte Woche dazu: «Peking fördert aktiv die verwerfliche Praxis von Zwangsarbeit und missbräuchlichen DNA-Sammel- und Analysesystemen, um seine Bürger zu unterdrücken.»

Wilbur Ross
US-Handelsminister Wilbur Ross. - AFP/Archiv

Dahinter dürfte auch politisches Kalkül stehen. Das Verhältnis zwischen den USA und China ist aktuell so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht.

Auch Aktivisten setzen vermehrt Druck auf. 190 Organisationen aus 36 Ländern – darunter Human Rights Watch und Clean Clothes Campaign – haben soeben eine Kampagne lanciert. Sie fordern Kleiderhersteller auf, Verbindungen mit Lieferanten abzubrechen, welche in Zwangsarbeit verwickelt sind.

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