Überfüllte Bibliotheken und noch überfülltere Köpfe: Studierende kämpfen sich derzeit durch die Prüfungsphase. Das bringt nichts, findet der Bildungsexperte.
Bildungsforscher kritisiert das Schweizer Prüfungssystem. Deshalb bringt das Prüfungssystem der Schweizer Universitäten und Hochschulen nichts. - Nau
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Studierende sind während der Prüfungsphase unter grossem Druck.
  • Ein Bildungsexperte kritisiert das Prüfungssystem als überholt und irreal.

Von Morgen früh bis spät Abends in der Bibliothek. Die Kaffeebecher stapeln sich auf dem Tisch. Die Nerven liegen blank. So ergeht es derzeit Tausenden Studierenden in der Schweiz. An den Hochschulen und Universitäten finden die Semesterprüfungen statt.

Geht es nach Bildungsexperte Christoph Schmitt, sind die Prüfungsphasen eine Tortur und überholt. Schmitt ist Bildungsforscher und Dozent und befasst sich stark mit dem Bildungssystem in der Schweiz. An diesem lässt er kaum ein gutes Haar.

«Irreal und nicht zeitgemäss»

Wenn Studierende teilweise zehn Prüfungen in fünf Tagen absolvieren müssen, stellt es ihm die Haare zu Berge. Nicht primär, weil es enorm anstrengend ist. Sondern: «Diese Prüfungssettings, die diesen Stress auslösen, da lernt ein Mensch nichts.» Die Bedingungen seien meist zu künstlich und nicht real, das führe zu keinem Lernerfolg.

Dasselbe auch an Berufsschulen oder Kantonsschulen. «Sie testen mit diesen Tests die Fähigkeit, Tests zu schreiben.» Man könne es mit der Fahrschule vergleichen: «Das sind Situationen, in der ich in erster Linie zeigen muss, dass ich Prüfungssituationen meistern kann, und nicht, dass ich Autofahren kann.»

Hochschule rechtfertigt Stress

Auch den Hochschulen, wie die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW ist bewusst, dass die Studierenden derzeit unter grossem Druck stehen. Doch beispielsweise das Wirtschaftsdepartement achte darauf, «dass für die Studierenden maximal zwei Prüfungen an einem Tag stattfinden», rechtfertigt Manuela Eberhard aus der Kommunikation.

Es gäbe sicherlich Studierende, denen es mehr zusetze, «was aber auch mit dem individuellen Lernverhalten zu tun hat.» So würde oft schon während dem Semester die Strukturierung und das richtige Zeitmanagement bei der Prüfungsvorbereitung fehlen. Doch Eberhard ist sich sicher: «Grundsätzlich können die Studierenden die vielseitigen Anforderungen gut meistern.»

Prüfungen, die man nicht als Prüfungen erkennt

Für Bildungsforscher Schmitt ist trotzdem klar, dass sich das Bildungswesen bewegen muss. Es brauche natürlichere Settings, kleinere «Häppchen» und diese in möglichst konkreten Anwendungen oder Projekten. Oder Studierende könnten in einem digitalen Portfolio die Lernerfolge über das Studium hinweg dokumentieren. «Die nachhaltigsten Prüfungen sind die, die du gar nicht als Prüfung erkennst.»

Schweizer Prüfungssystem erntet scharfe Kritik von Bildungsforschern
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