Was tun, wenn nur der Partner eine offene Beziehung will?

Sandra Torokoff
Sandra Torokoff

Bern,

Eine offene Beziehung dürfe nie aus Angst, Druck oder Pflichtgefühl entstehen. Unsere Expertin ordnet in der Lust-Kolumne ein – und gibt wertvolle Tipps.

Frau mit zwei Männern
Offenen Beziehungen haben ihren Reiz. Aber sind sie für jeden auch zu verkraften? - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Was genau steckt hinter dem Wunsch einer offenen Beziehung?
  • Sexualberaterin Sandra Torokoff klärt in ihrer neuesten Lust-Kolumne auf.

Nach meiner letzten Kolumne «Ist eine offene Beziehung auch was für dich?» hat mich eine Frage immer wieder erreicht: «Ich wünsche mir eine offene Beziehung – mein Partner oder meine Partnerin aber nicht. Was soll ich machen?»

Gabi K. (Name geändert) hat den Mut gehabt, mit ihrem Mann offen darüber zu sprechen. Sie liebt ihn immer noch, spürt aber gleichzeitig, dass sich etwas verändert hat.

Sie sehnt sich nach mehr Freiheit, nach neuen Erfahrungen. Für ihren Mann kommt das gar nicht in Frage.

Kannst du dir eine offene Beziehung vorstellen?

Seitdem ist die Stimmung angespannt. Und jetzt? Wie soll es in der Beziehung weitergehen. Was tun, wenn zwei Menschen, die sich lieben, so unterschiedlich empfinden?

Die Antwort darauf ist alles andere als einfach. Und vor allem sehr individuell.

Ich möchte dir Gedanken und Fragen mitgeben, die dir helfen können, mehr Klarheit für dich (oder euch) zu finden.

Paar umarmt sich
Offene Beziehungen sind oftmals ein heikles Thema in Partnerschaften. - depositphotos

Was genau wünschst du dir?

Hast du dich selbst schon ganz ehrlich gefragt, was hinter deinem Wunsch nach einer offenen Beziehung steht? Fehlt dir etwas in eurer Sexualität? Sehnst du dich nach Abwechslung – oder nach einem neuen Lebensmodell?

Oder fühlst du dich durch Monogamie eingeschränkt? Geht es um ein neues Kapitel deiner Selbstentfaltung?

Deine Beweggründe zu kennen, ist der erste Schritt. Nicht nur für dich. Sondern auch damit dein Gegenüber verstehen kann, worum es dir wirklich geht.

Denn: Eine offene Beziehung sollte nicht als Flucht vor Problemen dienen, sondern aus einem bewussten Bedürfnis heraus entstehen.

Was genau lehnt dein Partner oder deine Partnerin ab?

Diese Frage ist ebenso wichtig. Nicht, um zu überreden, sondern um zu verstehen. Steckt Angst dahinter, dich zu verlieren? Eifersucht? Kontrollverlust?

Oder war einfach noch nie der Raum da, über alternative Beziehungsformen zu sprechen?

Manchmal ist die Ablehnung nicht so absolut, wie sie zuerst klingt. Aber auch, wenn sie es ist: Das ist legitim. Und genau darin liegt die Herausforderung: Die Unterschiede wirklich zuzulassen und anzuschauen.

Sprecht miteinander – ehrlich, offen, liebevoll

Solche Gespräche sind selten leicht. Sie machen verletzlich, können Wunden aufreissen oder alte Muster sichtbar machen. Und trotzdem sind sie eine grosse Chance: für Nähe, Klarheit und Verbindung.

Traust du dich, mit deinem Partner oder deiner Partnerin über eine offene Beziehung zu sprechen?

Oft hilft es, sich Unterstützung zu holen. Eine sexualtherapeutische Beratung kann den Raum öffnen, in dem ihr nicht nur redet, sondern euch wirklich zuhört.

Gibt es einen gemeinsamen Weg?

Wenn beide offen bleiben, lassen sich vielleicht Zwischenlösungen finden: Ein gemeinsames Erkunden, beispielsweise ein Besuch im Swingerclub?

Eine temporäre Öffnung mit klaren Absprachen? Feste Regeln oder Grenzen, mit denen beide leben können?

Wichtig ist: Eine offene Beziehung darf nie aus Angst, Druck oder Pflichtgefühl entstehen. Nur, wenn beide «Ja» sagen können, hat dieses Modell das Potenzial, eure Beziehung zu bereichern – und nicht zu belasten.

Und wenn kein gemeinsamer Nenner möglich ist?

Dann braucht es eine ehrliche Frage an dich selbst: Kann – und will – ich in dieser Form der Beziehung bleiben? Oder müsste ich mich langfristig selbst verleugnen?

Manchmal passt die Liebe – aber das Lebensmodell nicht mehr. Auch das darf sein. Und es ist ein Akt der Selbstfürsorge, dir selbst treu zu bleiben.

Sandra Torokoff
Lust-Kolumnistin Sandra Torokoff. - zVg

Zum Schluss – ganz persönlich:

Ich weiss, wie schwer solche Prozesse sein können. Ich begegne vielen Menschen, die einander lieben – und trotzdem an einem Punkt stehen, an dem ihre Bedürfnisse auseinandergehen.

Es braucht Mut, sich selbst ehrlich zu begegnen. Und genauso viel Mut, das auch seinem Gegenüber zuzumuten.

Aber meine Erfahrung zeigt: Nur wenn du dir selbst treu bleibst, kannst du in einer Beziehung wirklich erfüllt sein.

Du musst dich nicht entscheiden zwischen dir und der Liebe. Aber du darfst entscheiden, wie du lieben möchtest.

Zur Person: Die Bernerin Sandra Torokoff ist Beraterin rund um das Thema Sexualität, hat zwei Kinder und ist verheiratet.

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Kommentare

User #1020 (nicht angemeldet)

Er hat sein Revier und ich meins. Jede 2te Woche gehen wir aber gemeinsam an einen Swinger Abend.

User #1475 (nicht angemeldet)

Mit dem Trieb hat die Schöpfung versagt.

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