Liebe

Liebe im Wandel: Ist eine offene Beziehung auch etwas für dich?

Sandra Torokoff
Sandra Torokoff

Bern,

Die Liebe verändert sich. Oder vielmehr unser Verständnis von Liebe, Bindung und Partnerschaft befindet sich im Wandel. Hier kommt die Lust-Kolumne.

Frau mit zwei Männern
Die Reize einer offenen Beziehung sind nachvollziehbar. Aber sind sie für jeden auch zu verkraften? - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Offene Liebschaften, Polyamorie und neue Beziehungsmodelle sind ein grosses Thema.
  • Darüber schreibt Sexualberaterin Sandra Torokoff in ihrer neuesten Lust-Kolumne.

Immer mehr Menschen hinterfragen die klassischen Beziehungsmodelle, mit denen sie aufgewachsen sind.

Monogamie war jahrzehntelang der unausgesprochene Standard. Heute sehen wir eine wachsende Offenheit gegenüber alternativen Formen wie offenen Beziehungen, Polyamorie und weiteren non-monogamen Konzepten.

Bedürfnis nach mehr Freiheit

Viele Menschen spüren ein leises Bedürfnis nach mehr Freiheit, nach neuen Formen von Nähe – oder nach einem ehrlicheren Umgang mit sich selbst.

Doch dieses Bedürfnis bleibt oft unausgesprochen. Zu gross ist die Angst, das zu verlieren, was man hat: Vertrautheit, Sicherheit, vielleicht sogar den Partner oder die Partnerin selbst.

Dabei kann genau dieses Aussprechen ein Anfang sein. Keine Bedrohung, sondern eine Chance.

Wünschst du dir in deiner Beziehung mehr Freiheit?

Was sich verändert, ist nicht das Bedürfnis nach Nähe, Intimität oder Sicherheit. Es ist die Erkenntnis, dass diese Bedürfnisse auf unterschiedliche Weise erfüllt werden können. Und dass es kein «One-size-fits-all» für Beziehungen gibt. Also eine Lösung, die allen passt.

Beziehungsmodelle beginnen mit Selbsterkenntnis

Bevor Paare ihre Beziehung öffnen (sei es sexuell oder emotional) lohnt es sich, innezuhalten und ehrlich zu fragen: Warum wollen wir das?

Geht es um Neugier, persönliche Entwicklung, sexuelle Erfüllung, einen Mangel an Intimität oder den Wunsch nach Selbstbestimmung?

Nicht jede offene Beziehung entsteht aus einem Mangel. Viele Menschen erleben darin ein tieferes Verständnis von sich selbst, ein bewussteres Erleben von Nähe. Gerade, weil sie sich mit ihren Bedürfnissen, Ängsten und Grenzen auseinandersetzen.

Oft ist das Bedürfnis da, aber es bleibt im Verborgenen. Die Angst, mit dem Wunsch nach Veränderung zu viel zu riskieren, lässt viele schweigen.

Kannst du dir eine offene Beziehung vorstellen?

Wer es wagt, ehrlich zu sein, kann eine neue Form von Verbindung schaffen. Beziehung beginnt nicht mit Sicherheit, sondern mit dem Mut, sich verletzlich zu zeigen.

Doch: Wenn das Öffnen der Beziehung als «Lösung» für ungelöste Probleme gesehen wird, birgt das Risiken.

Unausgesprochene Konflikte, Unsicherheiten oder emotionale Distanz können durch mehr Freiheit nicht geheilt werden. Im Gegenteil: Sie werden oft sichtbarer!

Darum ist es essenziell, die eigenen Motive zu erforschen. Was erhoffe ich mir? Was bin ich bereit zu geben – und was nicht? Diese Klarheit schafft eine stabile Grundlage für jede Art von Beziehung, ob monogam oder nicht.

Offene Beziehungen – mehr als nur Sex

Offene Beziehungen ermöglichen sexuelle Kontakte ausserhalb der Primärpartnerschaft, meist unter klar definierten Regeln.

Paar umarmt sich
Offene Beziehungen können einen besonderen Reiz haben. - Depositphotos

Für viele ist das ein Weg, um das Bedürfnis nach sexueller Abwechslung mit emotionaler Verbindlichkeit zu vereinen. Wichtig ist dabei, dass beide Partner einverstanden sind, offen kommunizieren und regelmässig reflektieren, was ihnen guttut – und was nicht.

Polyamorie – mehr lieben, nicht weniger

Polyamorie geht einen Schritt weiter: Es geht nicht nur um körperliche Nähe, sondern um die Möglichkeit, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben. Offen und ehrlich.

Polyamore Beziehungen stellen unsere traditionellen Vorstellungen von Exklusivität und Besitzdenken in Frage. Sie fordern uns heraus, Eifersucht neu zu betrachten.

LAT-Beziehungen – Nähe mit räumlicher Distanz

Ein weiteres spannendes Modell, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die sogenannte LAT-Beziehung («Living Apart Together», zusammen getrennt leben).

Dabei handelt es sich um Paare, die sich emotional verbunden fühlen und eine feste Beziehung führen. Jedoch bewusst getrennt wohnen.

Für viele ist diese Form ideal, um die Balance zwischen Nähe und Autonomie zu leben.

Besonders in späteren Lebensphasen, nach vorherigen Partnerschaften oder bei starkem Bedürfnis nach individueller Freiheit, bietet das getrennte Wohnen die Möglichkeit, eine Beziehung nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten.

LAT zeigt: Intimität muss nicht zwangsläufig unter einem Dach stattfinden. Liebe braucht nicht immer gemeinsame vier Wände, sondern gegenseitiges Verständnis und Vertrauen.

Beziehungsmodelle im Wandel – Eine Chance zur Selbstreflexion

Was all diese Beziehungsformen gemeinsam haben: Sie verlangen Mut zur Selbstreflexion und Kommunikationsfähigkeit.

In einer Zeit, in der Individualität, Freiheit und Selbstverwirklichung an Bedeutung gewinnen, ist es nur logisch, dass auch unsere Beziehungsformen flexibler werden.

Doch neue Modelle bedeuten nicht automatisch weniger Herausforderungen. Im Gegenteil: Eifersucht, Unsicherheit oder gesellschaftlicher Druck können auch in offenen, polyamoren oder LAT-Beziehungen auftauchen.

Der Unterschied: Diese Themen werden bewusst thematisiert und nicht verdrängt.

Sandra Torokoff
Sandra Torokoff schreibt auf Nau.ch die Lust-Kolumne. - zvg

Fazit: Die richtige Beziehung ist die, die für dich funktioniert

Es gibt nicht die eine richtige Form der Liebe. Was zählt, ist, dass alle Beteiligten einverstanden sind, sich sicher fühlen und authentisch leben können.

Ob monogam, offen, polyamor, LAT oder etwas dazwischen: Jede Beziehung verdient es, mit Achtsamkeit und Respekt gestaltet zu werden.

Viele schrecken vor neuen Beziehungsformen zurück. Nicht weil sie sie nicht wollen, sondern weil sie fürchten, geliebte Menschen oder Sicherheit zu verlieren.

Doch manchmal beginnt genau dort eine tiefere Nähe, wo wir aufhören, uns zu verstecken.

Was wie ein Risiko aussieht, ist oft eine Einladung zur Ehrlichkeit. Und damit eine echte Chance auf Verbindung.

Zur Person: Die Bernerin Sandra Torokoff ist Beraterin rund um das Thema Sexualität, hat zwei Kinder und ist verheiratet.

Kommentare

User #6489 (nicht angemeldet)

Bis dass ein Kind kommt, dann hört der Spass auf. Aus Spass wurde ernst. Ernst ist jetzt zwei Jahre alt.

User #4515 (nicht angemeldet)

ich glaub ich bin hier in einer kochshow gelandet 😅

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