Ozempic-Trend zerstört Body Positivity!
«Vor ein paar Jahren war Body Positivity überall. Jetzt ist sie kaum mehr zu sehen», schreibt unsere Kolumnistin, Plus-Size-Model Stella.

Das Wichtigste in Kürze
- Stella Kizildag (29) ist ein Curvy-Model. Sie schreibt Kolumnen über Body Positivity.
 - Heute schreibt Stella über den Dünnheits-Wahn in der Modelwelt.
 - Der Ozempic-Trend habe ganze Ideale verändert, schreibt Stella.
 
Ich sitze vor dem Livestream der «Victoria’s Secret Fashion Show». Während die Engel über den Catwalk schweben, merke ich, dass etwas fehlt. Nämlich die Rundungen bei den Models. Und damit die echten Körper.
Das Selbstbewusstsein, das einmal gefeiert wurde, ist weg und verschwunden. Es ist wie ein Trend, der seine Likes verliert.

Der grosse Rückschritt der Runways
Nur noch etwa 0,8 Prozent aller Looks an den Fashion Weeks dieser Saison werden von Plus-Size-Models präsentiert.
Dieser Rückgang ist schlicht nicht zu übersehen. Die Zahlen sind leider schonungslos.

Vor nicht allzu langer Zeit wagten sich die Top-Designer noch aus ihrer Komfortzone. Sie liessen Plus-Size-Models wie Ashley Graham und Paloma Elsesser über die Laufstege schreiten.
Sogar Rihanna’s «Savage X Fenty» machte Körpervielfalt zum Markenzeichen, nicht zur Eintagsfliege.
Doch nun scheint dieser Mut die Designer verlassen zu haben. Die Ausnahmen werden wieder zu Kuriositäten.
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Das Supermodel-Token-System
Die grossen Modehäuser spielten also kurz Revolution, als sie mit mit Plus-Size-Models posierten. Sie liessen sich dafür feiern, mutig zu sein.
Das ist «Trend-Tokenismus» in seiner reinsten Form: Vielfalt als kurzfristiger Trend verkaufen – und nicht als langfristige Strategie.
Es geht längst nicht mehr um Mode, sondern um Imagepflege. Während Designer über «Authentizität» philosophieren, retuschiert die Branche unsere Körper wieder aus dem Bild.

Die Spritze, die Vielfalt tötete
Wir leben in einer Zeit, in der eine Spritze wieder bestimmt, was schön ist. Der Ozempic-Trend hat nicht nur Körper verändert, sondern ganze Ideale.
Plötzlich ist sie wieder da, die Rückkehr des «Heroin Chic», dem Modetrend in den 1990er-Jahre: Ausgemergelten Look mit blasser Haut und androgynen Gesichtszügen. Begleitet von Schlagzeilen wie «Skinny is back».

Was uns das zeigt? Die Body-Positivity-Bewegung wurde nicht besiegt. Nein, sie wurde schlicht verdrängt vom nächsten Diät-Hype. Und zwar verpackt als Lifestyle-Injektion.
Während einige mit GLP-1-Medikamenten um ihre Gesundheit kämpfen, verwandelt die Modeindustrie diesen medizinischen Eingriff in ein neues Schönheitsideal.
Die Modeindustrie hat Alzheimer
Ich bin müde von dieser Mode-Amnesie. Von einer Industrie, die Vielfalt feiert, solange sie sich gut verkauft.
Ich will keine Extreme, weder abgemagert noch ungesund übergewichtig. Ich will echte Körper. Und verschiedene Körper!
Solche, die unsere Gesellschaft wirklich repräsentieren. Denn wir waren schon immer da. Lange bevor Mode daraus einen Trend machte.
Ich weigere mich, wieder unsichtbar zu werden. Unsere Körper sind schliesslich keine Saisonware.

Inklusion ist kein Accessoire
Sichtbarkeit darf kein Trend sein, der kommt und wieder geht wie eine neue Pantone-Farbe. Marken müssen endlich begreifen, dass echte Diversität keine Marketingstrategie ist. Sondern Verantwortung. Konsumenten dürfen sich nicht länger mit halber Inklusion zufriedengeben.
Ich wünsche mir eine Modewelt, die mutig bleibt. Auch wenn ein Hype vorbei ist. Eine, die Menschen zeigt, und keine Ideale. Eine Modewelt, die nicht entscheidet, wer schön genug ist, um gesehen zu werden.
Denn am Ende gilt: Mode soll sich verändern. Und nicht wir, um hineinzupassen.
Zur Person: Stella Kizildag (29) ist ein Curvy-Model, Selflove-Vorbild und der Beweis, dass wahre Stärke Kurven hat. Sie macht Schluss mit Schönheitsnormen und Platz für echte Geschichten, echte Körper und Power. Instagram: @stellakizildag.








