Unser Kolumnist denkt, SVP-Kantonsrat Claudio Schmid sei zu Recht gesperrt worden – und dass Twitter für Inhalte haften soll.
reda el Arbi
«Fadegrad»-Kolumnist Reda El Arbi: «Es gibt kein Menschenrecht auf einen Twitter-Account.» - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi findet, Claudio Schmid wurde zu Recht von Twitter gesperrt.
  • Reda El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
  • Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
  • Er lebt mit Frau und zwei Hunden in Stein am Rhein SH.

Twitter greift durch. Nachdem Trump, QAnon-Idioten und andere rechte Hetzer gesperrt wurden, hats nun auch Claudio Schmid erwischt. Das ist Zensur dieser linken Plattform, um anständige Konservative zum Schweigen zu bringen!!!

Nein, ist es nicht. Bei den Sperrungen in den USA handelt es sich um Folgen nach Aufrufen zu Gewalt und nicht um «Zensur». Man kann das daran sehen, dass viele der schlimmsten rechten Hetzer noch auf Twitter sind, weil sie es eben vermieden haben, direkt oder indirekt zur Gewalt aufzurufen.

Und auch der diese Woche von Twitter verbannte SVP-Kantonsrat Claudio Schmid wurde nicht wegen seiner Meinung gesperrt, sondern weil er verschiedene Twitter-Accounts hatte, mit denen er sich selbst mehr Reichweite ergaunern wollte. Das ist nach Twitter-Regeln verboten. Die ganze «Ich bin ein Opfer der linken Cancel Culture!»-Attitüde soll eigentlich nur verschleiern, dass er sogar auf einer Social Media-Plattform schummelt.

Dass Twitter es nicht auf rechte Accounts abgesehen hat, sieht man daran, dass Twitter jetzt einen der grössten Antifa-Accounts der USA gesperrt hat. Warum? Weil die Idioten da zur Gewalt aufgerufen haben, nicht weil sie links sind. Natürlich trifft es zurzeit mehr rechte Netzwerke. Das hat damit zu tun, dass diese statisch erwiesenermassen öfters zu Gewalt aufrufen und sich häufig mit mehreren Accounts quervernetzen, um den Eindruck von Stärke und Masse zu erwecken. Eigentlich hätte Twitter schon nach den Anschlägen von Christchurch und Halle etc. härter durchgreifen müssen. Zur Erinnerung: Accounts mit islamistischen Inhalten werden zu Recht schon eine Weile gesperrt. Da hör ich niemanden aus der rechten oder liberalen Ecke reklamieren.

Lustig sind die Leute, die sich mit einem lauten «Mainungsfraihait» in die Brust werfen. Einige hysterische Netz-Aktivisten wie Hernâni Marques sehen schon «Säuberungen» in «Wellen», das «Ende des freien Internets» und anderen pathetischen Schwurbel. Selbstverständlich und doch ironischerweise machen sie das auf der Unterdrücker-Plattform Twitter ... Das ist ähnlich lustig, wie Leute, die sich auf Facebook über die Datensammelwut vom Staat aufregen.

Die totale Zensur kommt - auf Twitter veröffentlicht. - Twitter

Kurz: Twitter ist ein privates Unternehmen. Es gibt kein Menschenrecht auf einen Twitter-Account. Das Unternehmen darf ganz alleine entscheiden, wen es auf die Plattform lässt. Das nennt sich «Wirtschaftsfreiheit» und ist ein urliberales Anliegen. Wenn Rechte und Liberale jetzt nach einem «Recht auf einen Twitter-Account» schreien, ist das schon bitzli schräg. Und ehrlich, wie stellt man sich das vor? Soll der Staat den Plattformen vorschreiben, wen sie publizieren müssen? Right. Aber zum Trost: Jeder, dem es nicht passt, darf Twitter boykottieren und bei Plattformen wie parler oder Telegram mitmachen. Oder bei einer der vielen kleinen Plattformen mit ein paar Tausend Usern. Ich wette, Twitter wird davon sehr beeindruckt sein.

Und falls Twitter sich wirklich entscheiden würde, nur linksgrünversifften Kommunisten Accounts zu vergeben, wäre das noch immer deren Recht. Weil der liberale Rechtsstaat Wirtschaftsfreiheit garantiert, wo sie nicht anderen schadet.

Als Kommunikationsprofi wurde ich in letzter Zeit oft gefragt, wie ich das Problem denn lösen würde. Ich habe da einen sehr einfachen und unparteiischen Ansatz:

Social Media-Plattformen sollten, wie alle anderen Medien auch, straf- und zivilrechtlich für ihre Inhalte haften, wenn sie die Urheber der rechtlich relevanten Inhalte nicht der Justiz zugänglich machen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Kommentarspalten der News-Plattformen. Wer Hass und Hetze eine Bühne gibt, soll auch dafür haften.

Ich würde den Fokus auch eher auf die gesellschaftlichen Themen und nicht auf die privaten Streitigkeiten richten. Wenn jemand Gruppen oder Individuen nach unwählbaren Attributen wie Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Identität, Herkunft etc. abwertet, würde das geahndet. Wenn sich zwei Hitzköpfe streiten, nicht.

Dazu würde es helfen, nur noch verifizierte Accounts zuzulassen, und anonyme Laferis zu sperren. Lustig wäre es zu sehen, wie all die anonymen Maulhelden, die ihren Shizzle bisher nur als feige Heckenschützen absondern konnten, plötzlich nicht mehr den Mut hätten, sich zu äussern. Das wäre auch hier, in unserer Kommentarspalte, recht witzig ...

Aber zurück zu Twitter & Co : Ohne anonyme Accounts und mit der Haftung für Inhalte hätten wir, unabhängig von der politischen Ausrichtung, plötzlich kein Problem mehr mit Hass im Netz. Das würde sich innert Wochen erledigen. Zack, Ruhe im Karton.

Ich denke natürlich nicht, dass jeder unter Klarname auftreten muss. Aber ohne Hinterlegung einer verifizierten Identität gäbs einfach keinen Account. Haftung wäre so klar geregelt.

Und was heisst das für die Meinungsfreiheit? Ganz einfach: nichts. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber unsere Gesetzgebung hinkt wie immer 10 Jahre hinterher. Auch ausserhalb des Internets sind nicht alle Äusserungen von Hass und Hetze durch die Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt.

Um am Schluss noch zu Claudio Schmid, dem gesperrten Kantonsrat. Wenn er ein Opfer ist, dann ein Opfer seiner Geltungssucht, die ihn mehrere Accounts hat betreiben lassen. Er ist nicht ein Opfer der Zensur, wie man daran sehen kann, dass er sich auf der neuen Plattform «Clubhouse» gleich einen Account erstellt hat. Und auf Facebook kann man ihn wohl noch eine Weile lesen, da Herr Zuckerberg das Geld eh wichtiger ist als die Inhalte oder das Verhalten der User, die ihn zum Milliardär gemacht haben.


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