In Indien gehen Hindu-Nationalisten so rigoros wie noch nie gegen Christen vor. Das berichtet die christliche Menschenrechtsorganisation CSI. Ein Gastbeitrag.
Rolf Höneisen
Rolf Höneisen, Leiter Kommunikation & Marketing der Menschenrechtsorganisation CSI. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Christian Solidarity International (CSI) ist eine christliche Menschenrechtsorganisation.
  • Auf Nau.ch schreibt CSI einen Gastbeitrag über die prekäre Lage der Christen in Indien.
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Kürzlich hat Indiens Premierminister Narendra Modi die ehemalige Babri-Moschee durch einen neuen, grossen Hindu-Tempel ersetzen lassen. Das war einigen Medien eine Meldung wert.

Dass aber in Indien die stärkste Christenverfolgung seit der Unabhängigkeit des Landes stattfindet, mit Tausenden von Gewaltdelikten, Fällen von Diskriminierung, Räumungen von Dörfern oder Verwüstung von Kapellen und Kirchen, das wird ausgeblendet.

Indiens wirtschaftlicher Aufschwung verschleiert die prekäre Menschenrechtslage im Land.

Seit Präsident Modis Wahl zum Premierminister 2014 werden die Anhänger seiner hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Partei (BJP) aggressiver.

Indien
Minderheiten erleben in Indien Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt. - zvg

Sie sehen Indien als Hindu-Land. In ihren Augen muss Indien von Christen und anderen religiösen Minderheiten gesäubert werden, auch wenn das Christentum in Indien eine jahrtausendealte Tradition hat.

Seit dem ersten Jahrhundert leben Christen in Indien, zusammen mit Angehörigen anderer Religionen.

700 gewaltvolle Übergriffe

Die Hindu-Nationalisten wollen in ihrem angestrebten Hindu-Land keine solche Religionsfreiheit oder einen religiösen Pluralismus dulden. Daher erleiden Minderheiten Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt.

Berichten zufolge kam es allein 2023 zu 700 gewaltvollen Übergriffen in 23 von 28 Bundesstaaten. Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung in den Bundesstaaten Uttar Pradesh und Uttarakhand im Norden, in Chhattisgarh und Madhya Pradesh in Zentralindien, in Jharkhand im Osten sowie in Karnataka im Süden des Landes.

Obwohl Christen die Opfer sind, werden sie öfter als Täter mit Strafanzeigen konfrontiert, weil der Staat die Hindu-Nationalisten schützt. Sie werden von der Polizei und den lokalen Medien sogar bei den Taten begleitet.

Hindu-Nationalisten
Hindu-Nationalisten haben ein Problem mit Religionsfreiheit. - zvg

Ein weiterer Trend besteht darin, dass Hindu-Banden in Gebetsversammlungen eindringen und den Opfern unterstellen, sie würden Menschen gewaltsam zum Christentum bekehren. Man drischt mit Stöcken und Stangen auf Männer, Frauen und Kinder ein, ohne dass die Polizei eingreift.

«Die Lage ist dramatisch»

Oder bewaffnete Banden überfallen christliche Häuser und Dörfer, werfen den Familien «Massenbekehrung» vor, sodass die Bewohner fliehen müssen, um ihr Leben zu retten. Viele von ihnen verlieren ihr Zuhause für immer.

«Die Lage ist dramatisch. Wir informieren regelmässig die Öffentlichkeit darüber, doch leider bleibt das Interesse von Medien und Politik bisher klein», erklärt Simon Brechbühl, Geschäftsleiter von Christian Solidarity International (CSI).

Die Menschenrechtsorganisation organisiert vor Ort Nothilfeprogramme für die Verfolgten. Es geht um juristische und materielle Unterstützung, um Schulung im Bereich der Grundrechte und Gesetze.

Trotz verschiedener Appelle seitens lokaler Organisationen an die Behörden nehmen Gewalt und Hass gegen Christen drastisch zu. Die neuste Entwicklung im Land zeigt, dass Hindus die Safran-Flagge als Symbol des Hinduismus vor ihre Fenster hängen.

Christliche Organisationen machen Druck

Dies wird von den Angehörigen anderer Religionen nicht getan, was wiederum zu Diskriminierung führt. Auch in der sonst sehr offenen, heterogenen Grossstadt Delhi begegnen die Menschen Nachbarn zunehmend abweisend und vorwurfsvoll, in deren Fenster keine Flagge hängt.

Christliche Organisationen haben den indischen Präsidenten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Rechtsstaatlichkeit gewahrt bleibt und die religiösen Minderheiten die Gewissheit haben, dass ihre verfassungsmässigen Rechte nicht bedroht sind.

Ein Appell, der wenig Wirkung zeigen dürfte, wenn der Druck nicht grösser wird durch eine grössere mediale und politische Aufmerksamkeit im Westen. Die Christen machen nur 2,3 Prozent der indischen Bevölkerung aus, die Hindus rund 80 Prozent.

Zum Autor: Rolf Höneisen ist Kommunikationsleiter der Christian Solidarity International. Die CSI ist eine christliche Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit und Menschenwürde.

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