Frauen haben mit 70 Prozent die Mehrheit im Berner Parlament. Drei Politikerinnen berichten von ihren Erfolgen und wo noch Luft nach oben besteht.
Stadtratswahlen
Drei Berner Stadträtinnen blicken mit Nau.ch auf ihr erstes Jahr zurück. - Nau.ch/Aydemir Hüseyin
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Das Wichtigste in Kürze

  • Berner wählten letztes Jahr 70 Prozent Frauen in den Stadtrat - eine historische Mehrheit.
  • Drei Neugewählte blicken auf Erfolge und Rückschläge im vergangenen Jahr zurück.

Vor exakt einem Jahr fanden die Berner Stadtratswahlen statt. Seither sind die Frauen mit einem 70 Prozent Anteil im Parlament präsent.

Diese deutliche Mehrheit kam überraschend. Auch für die drei Neugewählten Valentina Achermann (SP), Simone Richner (FDP) und Jelena Filipovic (Grünes Bündnis). Die drei Politikerinnen blicken anlässlich des heutigen Jahrestags zurück.

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Am 29. November 2020 wurden 70 Prozent Frauen ins Berner Stadtparlament gewählt. - Keystone

In den drei Video-Interviews fällt auf: Trotz des Aufschwungs der feministischen Bewegung müssen die Politikerinnen hartnäckig bleiben, um konkrete Massnahmen zu bewirken. Sie blicken auf Erfolgserlebnisse zurück, aber erzählen auch von ihren persönlichen Herausforderungen.

Valentina Achermann (SP)

Valentina Achermann
Valentina Achermann ist SP-Stadträtin in Bern.
Valentina Achermann
Achermann hat ihren Master in Psychologie an der Universität Bern 2021 abgeschlossen.
Valentina Achermann
Valentina Achermann ist seit 2017 in der SP aktiv.

«Es ist für mich eine grosse Ehre, 50 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts in einem Parlament mit 70-Prozent-Frauenanteil politisieren zu dürfen. Das zeigt, wie weit wir dank unserer unermüdlichen Vorkämpferinnen gekommen sind.

SP-Stadträtin Valentina Achermann im Video-Interview. - Nau.ch/Aydemir Hüseyin

Wir sind aber noch lange nicht am Ziel: Für tatsächliche Gleichstellung brauchen wir Massnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Anerkennung für bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit und endlich Lohngleichheit. Dafür setze ich mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen über die Parteigrenzen hinaus ein.»

Simone Richner (FDP)

Simone Richner
Simone Richner ist seit 2015 patentierte Rechtsanwältin.
Simone Richner
Simone Richner ist Mutter einer kleinen Tochter und hat einen Hund namens Amélie.
Simone Richner
Richner engagiert sich seit vielen Jahren politisch, unter anderem als Präsidentin der Jungfreisinnigen in Bern.

«Ich stehe ein für einen liberalen Feminismus, der auf der Rechtsgleichheit aller Geschlechter aufbaut und für alle Individuen Freiheits- und Entfaltungsräume erweitern will. Der liberale Feminismus strebt dabei die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen aufgrund ihres gewählten oder biologischen Geschlechts an: gleiche Chancen in Gesellschaft und Arbeitswelt.

FDP-Stadträtin Simone Richner im Video-Interview. - Nau.ch/Aydemir Hüseyin

Beim Vorankommen durch eigene Leistung darf das Geschlecht keine Rolle spielen. Selbstverwirklichung muss für alle Menschen möglich sein. Ich möchte, dass jede:r passende Rahmenbedingungen vorfindet, um das eigene Potenzial voll zu entfalten und das Leben nach eigener Vorstellung zu gestalten. Ich setze mich unter anderem dafür ein, dass alle Eltern frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen möchten und daher für flexible Angebote zur Kinderbetreuung.»

Jelena Filipovic (Grünes Bündnis)

Jelena Filipovic
Jelena Filipovic studierte Politikwissenschaft und Ethnologie in Zürich.
Jelena Filipovic
Die 29-Jährige ist dem Grünen Bündnis 2018 beigetreten.
Jelena Filipovic
Die gebürtige Serbin setzt sich auch ausserhalb ihrer politischen Rolle als Aktivistin gegen den Klimawandel ein.

«Wir haben noch acht Jahre Zeit, um die Erderwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen. Das ist kein Alarmismus, sondern wissenschaftlicher Konsens. Dafür müssten wir aber auch endlich die Klima- und Biodiversitätskrise als Krise wahrnehmen und danach handeln. Das national abgelehnte CO2-Gesetz und die abgelehnte Pestizid-Initiative hätten zwar nicht ausgereicht, sie hätten uns aber zumindest Planungssicherheit gegeben.

Grünen-Stadträtin Jelena Filipovic im Video-Interview. - Nau.ch/Aydemir Hüseyin

Nun stehen wir auf der kantonalen und städtischen Ebene in der Pflicht – denn abwarten ist keine Option. Das bedeutet für mich als Aktivistin, dass ich auch weiterhin mit vielen anderen auf der Strasse Druck aufbauen werde und als Politikerin dafür sorgen muss, dass endlich auch in der Stadt Bern konkrete Massnahmen ergriffen werden und die, die wir ergreifen, sozialverträglich und feministisch sind.»

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