Unser Kolumnist wundert sich, dass die selbsternannten «Eidgenossen» unser Land, unsere Demokratie und unsere Institutionen am meisten hassen.
Reda El Arbi
Gastautor bei Nau.ch: Reda El Arbi. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi erklärt die linksgrünversiffte Welt.
  • Reda El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
  • Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
  • Er lebt mit Frau und zwei Hunden in Stein am Rhein SH.

Diese Woche wurde bekannt, dass Andreas Glarner Administrator einer Hassgruppe auf Facebook war, auf der unter anderem zur Erschiessung unserer BundesrätInnen aufgerufen wurde. Eine Hassgruppe, die nicht nur gegen Ausländer hetzt, sondern effektiv unsere Demokratie aufs tiefste verachtet. Es sind die üblichen Rassisten, Fremdenhasser und Frauenfeinde, die sich selbst oft «Eidgenossen» nennen. Paradoxerweise sind es gerade diejenigen, die sich am stärksten mit Fahne und Nationalisten-Kitsch in die Brust werfen, die keine Achtung vor unserer Demokratie haben. Sie hassen unser Land so sehr, dass sie es «Diktatur» nennen, dass sie unsere gewählten VertreterInnen erschiessen, vergewaltigen, in Lager stecken und vergasen lassen wollen.

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Schlagzeile zur Glarners Hassgruppe beim Tagesanzeiger - Screenshot Tagesanzeiger.ch

Dass sich Andreas Glarner nicht daran erinnern kann, Administrator so einer Gruppe zu sein (man muss aktiv zustimmen, wenn man die Admin-Verpflichtung annimmt) glaube ich ihm sogar. Er wird von so vielen Rassisten, Hassbratzen und Antidemokraten gefeiert, dass man schon mal den Überblick verlieren kann, bei welchen Hassgruppen man Mitglied ist.

Das Verräterische ist ja auch nicht sein Admin-Amt, sondern dass diese Menschen, die unsere Werte und Institutionen so hassen, sich unter seiner Fahne und in Bewunderung für ihn zusammenfinden, egal, ob er dabei ist oder nicht. Man trägt Verantwortung für den Mob, den man aufhetzt.

Andreas Glarner
SVP-Nationalrat Andreas Glarner bekommt hohen Besuch in Aarau. - Keystone

Glarner, der seine Posts mit «Schweiz erwache» beendet, hasst die real existierende Schweiz, er hasst die Menschen, die unser Land ausmachen, und mit «Schweiz» meint er nicht unsere Demokratie, unsere Bevölkerung oder unsere Werte, die wir 1848 in der Verfassung niedergeschrieben haben, sondern seine kleine Gruppe von Followern, die geifernd und schimpfend über unsere Institutionen und ihre vom Souverän gewählten VertreterInnen herfallen.

Ein anderer Verächter unserer Demokratie ist Roger Köppel. Etwas eleganter, etwas durchdachter, will er in seinem Weltwoche-Editorial unsere Regierung nicht umbringen, sondern nur austauschen. Er will die demokratisch gewählte Regierung absetzen, weil sie nicht seinen Forderungen nachgibt, weil alle sieben BundesrätInnen «machtbesoffen» seien. Er verachtet offenbar unser System so, dass er nicht mal mehr Realitäten erkennt, in die er selbst eingebunden wäre.

roger köppel
«Weltwoche»-Chefredaktor Roger Köppel ist der Meinung, dass Hass gefördert werden muss. - Keystone

Die Macht, die die Bundesräte in dieser Krise ausüben, wurde ihnen vom Parlament gegeben. Von dem Parlament, in das Köppel eigentlich gewählt wurde. Vielleicht wäre ihm die Tatsache bekannt, wenn er auch ab und zu seinen Job in Bern machen würde und nicht der Parlamentarier wäre, der die meisten Absenzen aufweist. Seine Achtung vor den Wähler*innen, dem Souverän, ist offenbar nicht hoch genug, als dass er die ihm verliehene Pflicht und Ehre würdigt und seinen Job macht. Er schreibt dafür lieber vom Austausch des Bundesrats in seiner Gesinnungspostille.

Und da zeigt er denn auch sein wahres Gesicht. Der Bundesrat sei «angefixt», «verdorben», «verseucht». Die Sprache zeigt hier, welchen Respekt er für unsere Institutionen hat. Dass Köppel den Bundesrat gerne austauschen würde, liegt wohl daran, dass er selbst nie Bundesrat werden wird. Mit seiner Wahl in den Nationalrat, den er nach seiner Präsenzzeit offenbar verachtet, hat er das Ende der politischen Fahnenstange erreicht. Ständerat oder Bundesrat wird er nie, weil er für das Mehrheiten über seine Groupies hinaus erreichen müsste.

Ausschnitt aus dem Weltwoche Editorial von Roger Köppel - Screenshot Weltwoche.ch

Verräterisch ist gerade bei Köppel, aber auch bei anderen Nationalisten, dass ihre offen ausgesprochenen Sympathien nachweislich nicht wirklich bei den Vorbild-Demokratien liegen, sondern bei Autokraten wie Orban, Faschisten wie Pinochet oder Bolsonaro und anderen Despoten. Köppel selbst schrieb ja in einem anderen Editorial in der Weltwoche sogar eine Ode an Hermann Göring. Da verwundert es nicht, dass diese Leute sich in der demokratischen Schweiz nicht so wohl fühlen.

Liebe. selbsternannte «Eidgenossen», «Patrioten», «Landesverteidiger»,

wenn ihr unser Land so hasst, dass ihr es eine Diktatur nennt, dass ihr die Regierung «austauschen», oder unsere gewählten Vertreter erschiessen wollt, geht doch woanders hin. China zum Beispiel. Die Blochers, die Berset einen «Dikator» nannten, sind grosse Fans von China. Und ich freue mich schon, wie eure kritischen Beiträge zur dortigen Regierung wohlwollend aufgenommen werden.

Ich lebe bis dahin gerne weiter in einer der besten Demokratien in der Menschheitsgeschichte.

Freundlichst

Von jemandem, der sein Land wirklich liebt.

Zum Autor: Reda El Arbi ist 51-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und mehreren Hunden in Stein am Rhein SH.

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