Andrea Zryd (SP/BE) war bei den Bundesratswahlen hautnah dabei. Im Gastbeitrag erzählt sie von der Qual der Wahl und schmutzigen Spielen im Bundeshaus.
Andrea Zryd SP
Andrea Zryd ist SP-Grossrätin im Kanton Bern. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bundesratswahlen brachten wenig Überraschungen.
  • Die Aktionen von SP-Ständerat Jositsch dürften aber noch zu reden geben.
  • Im Gastbeitrag erzählt Nationalrätin Andrea Zryd, wie sie den Tag im Bundeshaus erlebte.
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Am frühen Morgen um 7 Uhr war bei uns in der SP nach der «Nacht der langen Messer» nochmals eine Fraktionssitzung angesagt. Ich selbst verbrachte die Nacht nicht in Bundesbern, sondern zu Hause in Magglingen. Nicht etwa aus Angst der besagten Messer, sondern weil ich am Abend noch mit meiner Familie Zeit verbringen wollte.

Eine Bundesratswahl zu erleben und sogar selber Bundesrät:innen zu wählen und die Strategien im Vorfeld mitzuverfolgen, ist einmalig. Selbstverständlich war ich demensprechend auch etwas angespannt. Im Vorfeld wird gelogen, gemogelt, gepokert und gemauschelt – das gehört wohl einfach dazu.

Für mich war klar, dass ich keine «Spiele spiele» – das war letztlich auch unsere Strategie. Die Medien haben auf ein Spektakel gehofft, dieses blieb aus; trotz der vielen, angeblichen Geheimpläne und Abmachungen. Ignazio Cassis wurde mit einem mässigen Resultat bestätigt.

Ich wünsche mir, dass er und seine Kollegen und Kolleginnen in der neuen Legislatur die Annäherung an Europa umsichtig und fair, im Sinne der Stabilität, Solidarität und Offenheit zügig vorantreiben. Bundesrat Cassis kriegt somit eine neue Chance.

Zwei starke Kandidaten um Berset-Sitz

Die folgenden Wahlen waren reine Bestätigungen der Amtsträgerinnen. Spannend wurde es dann bei der Verteilung des 7. Bundesratssitzes; mit zwei sehr starken Bundesratskandidaten sind wir in das Rennen gestartet. Beide sind fähig, der Schweiz Stabilität zu verleihen, beides sind Persönlichkeiten, die die Kollegialität pflegen.

Jans
Beat Jans wird nach seiner Wahl von einem Bundesweibel in den Nationalratssaal begleitet. - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Die Qual der Wahl in unseren Reihen – ich habe mich für den Bergler entschieden, ihm aber schon im Vorfeld angekündigt, dass wir ernsthaft noch über «Olympische Spiele» sprechen müssen. Ich bin Befürworterin und er ist Kritiker.

Das soll nichts zur Sache tun, denn die Bundesrät:innen müssen die Schweiz repräsentieren und das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. National, aber auch international müssen sie geeint auftreten und ihr Parteibuch gelegentlich beiseitelegen. Es geht darum, weise und mehrheitsfähige Lösungen für die Bevölkerung zu finden.

«Schmutziges Spiel» mit Jositsch

Die bürgerlichen Parteien haben in ihren Voten bestätigt, dass sie sich an das Ticket halten werden, sofern wir uns auch daran halten würden. Nachdem ihre Bundesräte im Trockenen waren, hat das schmutzige Spiel begonnen.

Daniel Jositsch, welcher nota bene nicht auf dem Ticket war, hat zu viele Stimmen erhalten. Wie schon erwähnt – es wird gelogen und gemogelt. Die Emotionen waren bei uns jetzt doch ziemlich hoch.

Hätte Jositsch auf eine Wahl zum Bundesrat verzichten sollen?

Im 3. Wahlgang hat sich der Basler Beat Jans durchgesetzt. Jon Pult war ein sehr fairer Verlierer, aber sicher sehr enttäuscht, dass er deutlich keinen Rückhalt des Parlamentes gekriegt hat. Mit einem sehr fähigen, neuen Bundesrat freue ich mich auf meine erste Legislatur.

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