Zürcher Obergericht: Justiz muss nicht gegen Thomas Borer ermitteln

Keystone-SDA
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Zürich,

Der im schweizerischen Exil lebende frühere kasachische Minister Viktor Chrapunow ist mit einer Anzeige gegen Thomas Borer abgeblitzt.

Thomas Borer
Ex-Botschafter Thomas Borer. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Zürcher Obergericht hat eine Beschwerde Chrapunows abgewiesen.
  • Der Kasache beschwerte sich gegen die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis.
  • Sie hatte es abgelehnt, gegen Borer eine Untersuchung wegen Verleumdung aufzunehmen.

Genugtuung für Ex-Botschafter Thomas Borer vor dem Zürcher Obergericht in einer Randnotiz zur Kasachstan-Affäre: Der im schweizerischen Exil lebende frühere kasachische Minister Viktor Chrapunow ist mit einer Anzeige gegen den ehemaligen Diplomaten abgeblitzt.

Das Zürcher Obergericht hat eine Beschwerde Chrapunows gegen die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis abgewiesen, wie dem kürzlich publizierten Urteil zu entnehmen ist. Die dortige Staatsanwaltschaft hatte es abgelehnt, auf Chrapunows Strafanzeige hin gegen Borer eine Untersuchung wegen Verleumdung aufzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft erachtete es als erwiesen, dass Borers kritische öffentliche Äusserungen über Chrapunow im Jahr 2018 «in gutem Glauben und aus guten Gründen» geschahen. Borer hatte in einer Medienmitteilung die Frage aufgeworfen, «wie ein kasachischer Bürgermeister innert vier Jahren im Amt zu einem Vermögen von mehreren hundert Millionen Franken» komme und er dieses Geld auch noch «ungestört über Schweizer Kanäle anlegen» könne.

Borer vertritt in der Schweiz gewisse Interessen der kasachischen Regierung

Später liess Borer sich von der «Basler Zeitung» mit der Aussage zitieren, die Familie Chrapunow versuche unter erheblichem Einsatz von PR-Geld vom Strafbestand der Geldwäscherei abzulenken. Wegen dieser Aussagen erstattete Chrapunow Strafanzeige wegen Verleumdung oder übler Nachrede. Mit den Vorwürfen übernehme Borer die mutmasslich unwahren und unhaltbaren Vorwürfe der kasachischen Regierung, für die der Ex-Diplomat Borer gearbeitet habe.

Zürcher Obergericht
Blick auf das Zürcher Obergericht. - Keystone

Die kasachischen Behörden verdächtigen das in Genf wohnhafte Ehepaar Chrapunow, sich unrechtmässig bereichert zu haben, als Chrapunow politische Ämter im zentralasiatischen Land innehatte. Auf ein Rechtshilfeersuchen Kasachstans im Jahr 2012 hin eröffnete die Genfer Staatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen Chrapunow. Das Verfahren wegen Geldwäscherei wurde aber letztes Jahr eingestellt.

Borer vertritt in der Schweiz bekanntermassen gewisse Interessen der kasachischen Regierung. Der Ex-Diplomat spricht von einem Beratermandat, das Obergericht von Lobbying. Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis begründete ihre Weigerung, eine Untersuchung gegen Borer einzuleiten, mit dem sogenannten Gutglaubensbeweis, also dass die Äusserungen der Wahrheit entsprochen hätten.

Chrapunow seit 2012 bei Interpol zur Fahndung ausgeschrieben

Chrapunow sei von Kasachstan seit 2012 bei Interpol zur Fahndung ausgeschrieben, gab die Staatsanwaltschaft zu bedenken. Zudem habe Kasachstan in dieser Angelegenheit in der Schweiz bereits ein Rechtshilfe- sowie ein Auslieferungsgesuch gestellt.

Vor diesem Hintergrund habe Borer mit gutem Glauben und aus guten Gründen davon ausgehen können, dass Chrapunow in Kasachstan «verbrecherischen Tätigkeiten nachgegangen sei beziehungsweise solchen nachgegangen sein könnte». Borers Äusserungen in den Medien wie auch im Rahmen seines Lobbyings seien deshalb nicht strafbar.

Thomas Borer Köppel
Thomas Borer im Gespräch mit SVP-Nationalrat Roger Köppel. - Keystone

Gegen diesen Entscheid erhob Chrapunow Beschwerde beim Obergericht. Eine Ausschreibung auf Interpol könne nicht als Beweis für Schuld herhalten, argumentierte er. Gewisse Staaten würden Interpol missbrauchen, um politische Gegner zu verfolgen. Gleiches gelte für das Rechtshilfe- sowie das Auslieferungsgesuch, habe die Schweiz doch schlussendlich weder Rechtshilfe geleistet noch Chrapunow ausgeliefert.

Zweifel an der Herkunft von Chrapunows Vermögen durchaus begründet

Der Verdacht einer politisch motivierten Verfolgung sei tatsächlich nicht von der Hand zu weisen, befand das Obergericht. Für die Verleumdungsbeschuldigung sei das aber letztlich nicht massgebend. Wesentlich ist laut den Richtern, dass Borers Aussagen auch bei objektiver Betrachtungsweise eine Grundlage haben. Zweifel an der Herkunft von Chrapunows Vermögen seien durchaus begründet.

Auch die langjährigen Ermittlungen der schweizerischen Strafbehörden gegen den ehemaligen Bürgermeister der Grossstadt Almaty hätten einen hinreichenden Tatverdacht begründet – selbst wenn alle Untersuchungen schliesslich eingestellt worden seien.

Borer habe seine Aussagen demnach nicht alleine auf die mutmasslich politisch motivierten Beschuldigungen der kasachischen Regierung abgestellt. Vielmehr habe er ernsthafte Gründe gehabt, die legale Herkunft des beträchtlichen, teilweise in der Schweiz angelegten Vermögens in Frage zu stellen. Zudem habe er die Aussagen klar als Verdacht deklariert. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Chrapunow kann es noch ans Bundesgericht weiterziehen.

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