Zürcher Behörden ignorieren Kindesmisshandlung-Meldungen
Im Fall einer Kindesmisshandlung werden schwere Vorwürfe gegen Zürcher Behörden erhoben. Sie sollen die teils dramatischen Gefährdungsmeldungen ignoriert haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Zürcher Ehepaar soll zwei Kinder jahrelang misshandelt haben.
- Gegen die damalige Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich werden schwere Vorwürfe erhoben.
- Die Verantwortlichen sollen die teils dramatischen Gefährdungsmeldungen ignoriert haben.
Viele haben gewarnt, doch keiner hat reagiert: Zürcher Behörden sehen sich im Fall einer Kindesmisshandlung mit schweren Vorwürfen konfrontiert.
«Es war ein totales Versagen der Behörden, die dem Kindesschutz verpflichtet sind», kommentiert Jonas Weber gegenüber SRF den Fall. Er ist Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern. «Dieser Fall muss grundsätzlich an ein Gericht gehen.»
Im Keller eingesperrt
Vor zwei Jahren stand ein in der Stadt Zürich wohnhaftes Paar vor Gericht. Grund der Anklage: Sie sollen zwei ihrer sieben Kinder – einen Buben und ein Mädchen – jahrelang geschlagen und im Keller eingesperrt haben. Zudem hätten sie ihnen zu wenig oder kein Essen gegeben, sodass sie gezwungen waren, Erbrochenes aufzuessen. Beide beschuldigten den anderen und fochten das Urteil an.

Wie Recherchen der «Rundschau» zeigen, läuft nun auch gegen Verantwortliche der damaligen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich ein Strafverfahren. Ihnen wird schwere Körperverletzung durch Unterlassen vorgeworfen.
«Die Behörden haben den Buben im Stich gelassen», sagt Rechtsanwalt Sven Gretler gegenüber SRF. «Die Misshandlungen wären in diesem Ausmass nicht möglich gewesen, wenn sie ihn geschützt hätten.» In dieser Zeit hätten sie keine einzige Kindesschutzmassnahme angeordnet – trotz mehreren Gefährdungsmeldungen.
Behördenfehler werden juristisch aufgearbeitet
So schrieb etwa die Schulärztin im Januar 2008: «Der Knabe wird systematisch ausgehungert. Ich appelliere deshalb dringend an Sie, sofort Kindesschutzmassnahmen einzuleiten und den Eltern die elterliche Gewalt zu entziehen.» Auch die Nachbarn schlugen 2010 Alarm, da zwei Kinder im Keller schlafen mussten.
Doch für die zuständige Behörde waren diese Meldungen keine Rechtfertigung für ein Eingreifen. Auf Anfrage der «Rundschau» wollten sie sich nicht äussern. Es gilt die Unschuldsvermutung. Nachdem das Verfahren diesen Sommer hätte eingestellt werden sollen, gibt es offenbar nun weitere Befragungen.