Ein Fall aus dem Kanton Bern sorgt für Kopfschütteln: Das Rote Kreuz vermietet eine Wohnung mit einem Mietpreis-Aufschlag von 143 Prozent an Asylsuchende.
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Das Primarschulhaus in Wohlen bei Bern. - Google Maps

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gemeinde Wohlen bei Bern vermietet eine Wohnung für 807 Franken an das Rote Kreuz.
  • Dieses vermietet die Wohnung mit einem massiven Preisaufschlag an Asylsuchende.
  • Der Gemeindepräsident zeigt sich schockiert – und sieht den Steuerzahler geprellt.
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Nach dem Stolz folgt für einen ehemaligen Berner Asylsuchenden schnell der Schock: Der 29-jährige Judi Ali aus Wohlen bei Bern findet eine Festanstellung – damit ist er nicht mehr auf Asylsozialhilfe angewiesen.

Heisst auch: Die Miete für seine Wohnung muss er nun selbst bezahlen. Und die hat es in sich. Und das, obwohl der Mann, der als staatenloser Kurde in Syrien aufgewachsen ist, bescheiden wohnt.

Mit seiner Frau, seiner kleinen Tochter und seinem Bruder teilt er sich eine 2,5-Zimmer-Wohnung. Die Zeitung «Der Bund» bezeichnet sie in seinem Artikel als «alt» und «schmucklos». Gelegen ist sie im zweiten Stock des Abwartshauses der örtlichen Primarschule. Luxus sieht anders aus.

Dennoch verlangt der Vermieter von der Familie einen stolzen Mietpreis von 1964 Franken im Monat. Als Judi Ali das erfährt, ist er überrumpelt. «Das hätten wir unmöglich bezahlen können», sagt er.

Gemeindepräsident über Miet-Aufschlag «entsetzt»

Ali vertraut sich seinem Nachbarn, dem Schulhausabwart, an, der sich daraufhin bei der Gemeindeverwaltung erkundigt.

Dort weiss man: Die Gemeinde vermietet die Wohnung für nur 807 Franken an das Rote Kreuz SRK. Gemeindepräsident Bänz Müller (SP) zeigt sich schockiert. Es stellt sich heraus, dass das Rote Kreuz einen Mietpreis-Aufschlag von satten 143 Prozent verlangt.

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Der Wohlener Gemeindepräsident Bänz Müller (SP) ist entsetzt.
SRk
Denn: Das Rote Kreuz hat in seiner Gemeinde einen hohen Aufschlag bei den Mietpreisen für Asylwohnungen verlangt. (Symbolbild)
Miete
In einem Fall betrug der Aufschlag 143 Prozent. (Symbolbild)

Und es kommt sogar noch dicker: Dem Bericht zufolge hat das Rote Kreuz auch eine weitere Wohnung in der Gemeinde mit einem 41-Prozent-Aufschlag untervermietet.

Müller rechnet aus, dass das SRK in 29 Monaten, in denen es Vertragspartner war, 45'000 Franken Gewinn erzielt hat. Der Gemeindepräsident ist «entsetzt».

Kanton reagiert

In einem Schreiben an das SRK fragt er, wann der Kanton das Geld zurückerhalten werde. Die Antwort: Das SRK trage als Liegenschaftsverwaltung unter anderem Kosten für Vermittlung, Übergabe, Abnahme und allfällige Räumungen.

Müller reagiert – und löst die beiden Mietverträge auf. Judi Ali kann seither die Miete selbst bezahlen. Er überweist sie nun direkt der Gemeinde.

Wie hoch ist Ihre Miete?

Wohlen ist kein Einzelfall. Das SRK vermietet in der Region Bern-Mittelland 160 Wohnungen. Die durchschnittliche Marge beträgt dabei laut Kanton und SRK 25 Prozent. Einen Gewinn erzielt das Rote Kreuz damit eigenen Angaben zufolge aber nicht.

Dennoch will der Kanton nun Massnahmen ergreifen: «Wir sehen vor, eine Vorgabe zur maximalen Höhe der Aufschläge zu machen», so die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion.

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