Wiederholt die Schweiz Fehler der 1930er Jahre?
Der Basler Historiker Kreis und Bundesrat Pfister warnen vor verspäteter Rüstungsbereitschaft. Bereits in den 1930er Jahren habe man die Kriegsgefahr verdrängt.

Die Schweiz habe laut Angaben des Basler Historikers Georg Kreis zu spät Rüstungsanstrengungen eingeleitet. «Wir sind im Begriff, den Fehler aus den 1930er-Jahren zu wiederholen», sagte er im Interview mit den Tamedia-Zeitungen.
Auch Bundesrat Martin Pfister hatte diese Woche bereits ähnliche Vergleiche gezogen. «In der ersten Hälfte des Jahrzehnts hat auch die Schweiz die Kriegsgefahr damals verdrängt. Erst in der zweiten Hälfte begann man sich vorzubereiten», sagte der Verteidigungsminister in der «NZZ» vom Donnerstag.
Dieser Vergleich sei laut Kreis zulässig. Die Schweiz habe damals zu spät auf die Bedrohung durch Nazideutschland reagiert. Die Politik habe Rüstungskredite zurückgeführt und nach dem Ersten Weltkrieg sogar Rekrutenschulen ausfallen lassen.
Rüstung gegen Drohnenangriffe
«Die Schweiz kassierte, wie man es heute nennt, die Friedensdividende», sagte Kreis gegenüber Tamedia.
Am Freitag hatte die Armee bekanntgegeben, dass das Bundesamt für Rüstung mit der Beschaffung neuer Drohnenabwehrsysteme beauftragt worden sei. Armeechef Thomas Süssli betonte in der «Schweiz am Wochenende» die Dringlichkeit der Bereitstellung dieser Systeme.
«Die Zeit drängt. Wir arbeiten deshalb direkt mit Start-ups zusammen. Wir passen auch die Beschaffungsprozesse an, um das System schnellstmöglich zu entwickeln oder zu evaluieren und einzuführen», sagte Süssli.
Direkter Angriff «wenig plausibel»
Historiker Georg Kreis erklärte im Interview mit «Tamedia» weiter, dass der Ernst der Lage nun erkannt worden sei. «Eine äussere Bedrohung kann verunsichern, gewiss. Sie kann aber auch den Wehrwillen stärken. Ich glaube, genau das ist derzeit der Fall.»
Diskutiert wurde zudem die Warnung des ehemaligen Luftwaffenchefs Bernhard Müller, wonach Russlands Präsident Wladimir Putin Sondierungsangriffe auf die Schweiz starten könnte, um die Nato-Reaktion zu testen.
Ein direkter Angriff auf die Schweiz erscheine ihm wenig plausibel, erklärte Kreis. Zwar seien Sondierungsangriffe zur Erprobung einer Reaktion durch die Nato denkbar, doch die Schweiz dürfte für Russland «als Finanzdrehscheibe wichtiger sein als ein militärisches Angriffsziel».