Virologen erwarten Grippewelle – dann ist der Höhepunkt
In Australien fällt die Grippewelle dieses Jahr besonders stark aus. Es ist «gut möglich», dass sich in der Schweiz ein ähnliches Muster zeigen wird.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz beginnt schon bald wieder die Grippesaison.
- Das Berner Inselspital rechnet mit einem Anstieg der Hospitalisierungen.
- Die neue Corona-Variante «Frankenstein» könnte auch zu grösseren Fallzahlen führen.
In der kalten Jahreszeit breiten sich Viren aus.
Die saisonale Grippe fesselt in der Schweiz jährlich jeweils Tausende ans Bett. Auch die Gefahr des Coronavirus ist noch nicht gebannt – besonders für Risikogruppen.
Australien wird aktuell von einer besonders heftigen Grippewelle heimgesucht. Steht das der Schweiz auch bevor?
Grippe noch nicht da, aber ...
Philipp Jent, stellvertretender Chefarzt am Berner Inselspital, erklärt gegenüber Nau.ch, aktuell sehe man in der Schweiz «noch kaum» Grippeaktivität.
«Bei den wenigen Fällen handelt es sich praktisch ausschliesslich um Reiserückkehrer», so Jent.
Wann geht es in der Schweiz los? «Typischerweise beginnt die Grippewelle zwischen Anfang bis Mitte November. Der Peak liegt oft im Dezember oder Januar.»
Über Weihnachten könnte die Grippewelle also schon in vollem Gange sein.

Walter Zingg, leitender Arzt am Universitätsspital Zürich, sagt dazu: «Wenn wir die Dynamik in Australien als Anhaltspunkt nehmen, wären Beginn und Peak etwa gleich wie in der letzten Saison: Beginn gegen Weihnachten, Peak Mitte Februar. Allerdings würden wir eine länger anhaltende Aktivität erwarten.»
Philipp Jent vom Inselspital erklärt: «Auf der Südhalbkugel wurde dieses Jahr ein eher früher Beginn und eine langgezogene Epidemie festgestellt.» Dort sei man uns in Bezug auf die Grippesaison etwa ein halbes Jahr voraus.
«In Australien wurde in diesem Jahr eine leicht überdurchschnittliche Epidemie beobachtet», erklärt der Mediziner.
«Es ist gut möglich, dass sich ein ähnliches Muster auch bei uns zeigen wird. Eine zuverlässige Prognose ist allerdings nicht möglich.»
Zahl der «respiratorischen Infektionen» könnte höher ausfallen
Auch Zingg vom Unispital Zürich schaut im Hinblick auf eine Prognose der Grippesaison auf die Südhalbkugel: «In Australien ist die Aktivität etwas höher als in der letzten Saison, was allerdings auch mit häufigerem Testen erklärt werden kann. Ich würde ähnlich viele Grippe-Fälle erwarten wie in der letzten Saison.»
Allerdings müsse man berücksichtigen, dass wohl verschiedene Viren gleichzeitig zirkulieren werden. Darunter Sars-Cov-2, RSV und Rhinoviren.
Deshalb könne die Zahl der «respiratorischen Infektionen» durchaus höher ausfallen. «Und das ist ja letztlich das, was die Bevölkerung wahrnimmt», so Zingg.
Grippe führt zu mehr Hospitalisationen
Philipp Jent erwartet im Winter einen Anstieg der Hospitalisationen.
Er erklärt: «In der Wintersaison beobachten wir jedes Jahr eine Zunahme der Spitaleintritte aufgrund der Grippe. Und teils auch infolge Lungenentzündungen als Komplikation.» Seit der Pandemie kämen zudem kleinere Wellen mit Sars-Cov-2-Hospitalisierungen hinzu.
Bei beiden erwähnten Viruserkrankungen seien vor allem ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen sowie Immungeschwächte auf eine Spitalbehandlung angewiesen.
Coronavirus ist noch da
Das Coronavirus zirkuliere weiterhin in der Bevölkerung und führe alle paar Wochen bis Monate zu kleineren Wellen. «Auch aktuell ist eine solche Welle zu beobachten», sagt Jent.
Immerhin: «Der Anteil an Personen mit schweren Krankheitsverläufen ist inzwischen deutlich gesunken und liegt unter dem Niveau der Grippe.»

Allerdings könnten neue Omikron-Subvarianten wie «Frankenstein» kurzfristig «etwas grössere Fallzahlen verursachen, weil sie ansteckender sind».
«Insgesamt ist ihr Einfluss auf die Krankheitslast aber begrenzt», sagt der Experte. «Saisonal bedingte Faktoren wie die häufigere Übertragung in Innenräumen während der kalten Jahreszeit spielen derzeit die wichtigere Rolle.»
BAG: «Frankenstein»-Variante dominiert
Simon Ming, Sprecher des Bundesamts für Gesundheit (BAG), sagt derweil: «Zur Intensität einer bevorstehenden Grippewelle lassen sich keine Vorhersagen machen.»
Bezüglich des Coronavirus hält der BAG-Sprecher fest, die Variante XFG, auch «Frankenstein» genannt, dominiere auch in der Schweiz.
«Aktuell ist mehr als 95 Prozent der Sars-Cov-2-Viruslast in den Schweizer Abwässern auf diese Variante zurückzuführen», so Ming.
Er betont jedoch: «Für Personen ohne Risikofaktoren ist das Risiko, eine schwere Form von Covid-19 zu entwickeln, sehr gering geworden.»
Auch Zingg von Unispital Zürich sagt: «Soweit wir wissen, ist diese Variante nicht gefährlicher als frühere Omikron-Varianten.»

Für bestimmte Personengruppen empfiehlt das BAG allerdings weiterhin eine jährliche Dosis des Corona-Impfstoffs.
Die Empfehlung gilt für: Personen ab 65 Jahren, Personen ab 16 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen, Personen ab 16 Jahren mit Trisomie 21 und Schwangere.












