Versicherung darf Leistung bei Notwehr nicht kürzen

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Lausanne,

Die Unfallversicherung Helsana kürzte die Leistung für einen verletzten Mann, da sie ihn für mitschuldig hielt. Das Bundesgericht kommt zu einem anderen Urteil.

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Notwehr. (Symbolbild) - sda - Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Das Wichtigste in Kürze

  • Helsana kürzte die Leistungen für einen bei einem Diebstahl verletzten Mann um die Hälfte.
  • Die Unfallversicherung hielt den Portugiesen für mitschuldig.
  • Das Bundesgericht kommt jedoch zu einem anderen Urteil und pfeift den Versicherer zurück.

Die Unfallversicherung Helsana hat die Leistungen für einen bei einem Diebstahl schwer verletzten Mann zu Unrecht um die Hälfte gekürzt. Sie war der Ansicht, dass sich der Portugiese an einem Kampf beteiligt habe, und deshalb mitschuldig sei.

Das Bundesgericht kam jedoch zu einem anderen Urteil und pfiff den Versicherer zurück, wie aus einem am Freitag publizierten Urteil hervorgeht.

Der Vorfall

Das Geschehen ereignete sich 2013 in Genf. Zusammen mit einem Freund wollte sich der Abwart dem Dieb in den Weg stellen, der ihm eine Jacke aus dem Auto geklaut hatte. Als sie den Dieb zur Rede gestellt hatten, begann dieser die Jacke auszuziehen, die er unter einem weiteren Kleidungsstück versteckt hatte.

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Helsana stellte einen Rückgang von Herzinfarkt-Diagnosen im Corona-Jahr 2020 fest. - keystone

Als der Bestohlene nach seiner Jacke greifen wollte, tickte der Dieb völlig aus. Während der Freund sich entfernte, um die Polizei zu alarmieren, beobachtete er, wie der Abwart sich zu verteidigen versuchte, indem er ein Velo in Richtung des Angreifers warf und eine Eisenstange in den Händen hielt.

Der Angreifer stach den Hausmeister mehrmals mit einem Messer in den Hals und verletzte ihn schwer. Nach einem Spitalaufenthalt von eineinhalb Jahren musste das Opfer in ein Heim eingeliefert werden. Der heute 56-jährige Portugiese lebt dort seither mit schweren Behinderungen.

Helsana hielt Opfer für mitschuldig

Helsana vertrat die Ansicht, dass ihr Versicherter sich bewusst in einen Kampf verwickelt habe und kürzte ihre Leistungen um die Hälfte.

Der Portugiese wandte sich an das Bundesgericht, nachdem er bei der Genfer Justiz abgeblitzt war. Die Richter in Lausanne stiessen den Entscheid von Helsana in einem eindeutigen Urteil um und sprachen dem Kläger die volle Versicherungsleistung zu. Das Bundesgericht weist darauf hin, dass die Leistungen der Unfallversicherung im Falle der Teilnahme an einer Schlägerei oder einem Kampf tatsächlich gekürzt werden könnten.

Urteil des Bundesgerichts

Es genüge, dass der Versicherte die Gefahrenzone betrete, aber es müsse ein kausaler Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den erlittenen Verletzungen bestehen. Dieser Sachverhalt sei jedoch nicht gegeben, wenn das Verhalten eines der anderen Protagonisten so aussergewöhnlich sei, dass man es nicht hätte erwarten können.

Die sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in Luzern weist darauf hin, dass der Abwart laut Zeugen erst zum Velo und zur Eisenstange griff, nachdem er schon mehrfach verwundet worden war. Dieses Verhalten lasse sich eindeutig als Notwehr einordnen.

Eine mögliche Kürzung von Versicherungsleistungen dürfe Versicherte nicht daran hindern, die straf- und zivilrechtlichen Rechte wie Selbstverteidigung und Besitzesschutz auszuüben.

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