Im Berufungsprozess um den Tod eines Kleinkindes haben die Verteidigerinnen der Eltern am Freitag vor dem Kantonsgericht St. Gallen den Vorwurf der fahrlässigen Tötung bestritten. Das Mädchen sei weder vernachlässigt noch alleine gelassen worden. Die Umstände des Todes blieben ungelöst.
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Foto des Kantonsgerichts in St.Gallen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im August 2015 entdeckte die Polizei im Keller eines Hauses in Staad SG ein totes Mädchen.

Die Eltern des Kindes - eine heute 37-jährige Deutsche und ein 57-jähriger Schweizer - stehen in Verdacht, unter anderem aufgrund ihres Drogenkonsums ihre elterlichen Sorgfaltspflichten verletzt und die gemeinsame Tochter vernachlässigt zu haben.

Das Kreisgericht Rorschach sprach die Eltern im Dezember 2018 wegen fahrlässiger Tötung, qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht schuldig. Der Vater soll für fünf Jahre ins Gefängnis. Die Mutter wurde zudem wegen Störung des Totenfriedens und falscher Anschuldigung schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Die Eltern gingen in Berufung. Vor Kantonsgericht St. Gallen forderte die Verteidigerin am Freitag für den Vater Freisprüche. Es gebe keine Beweise, dass der Beschuldigte die treibende Kraft beim Kokainkonsum gewesen sei, sagte Verteidigerin. Die Aussagen der Zeugen seien spekulativ und widersprüchlich. Die Beschuldigte habe schon vor der Beziehung mit dem 57-Jährigen Kokain konsumiert.

Die Eltern hätten ein klassisches Rollenmodell gelebt. Es habe keine Hinweise gegeben, dass er an den Fähigkeiten der vierfachen Mutter zweifeln sollte. Das Kind sei nicht in seinem Zimmer abgeschottet worden. Es sei auch regelmässig an der frischen Luft gewesen und gut ernährt worden. Aus Sicht des Beschuldigten bestand keine Veranlassung, zu handeln. Das Kind habe regelmässig Kontakt zu den Halbgeschwistern gehabt.

Die Mutter hatte das tote Kind in einen Koffer gepackt und diesen in den Keller gestellt. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass das Mädchen am 3. Juli 2015 - einem heissen Sommertag - gestorben ist. Einen Monat später wurde die Leiche im Keller gefunden. Die Todesursache des Mädchens konnte nicht mehr geklärt werden.

«Wir werden nie erfahren, wann, weshalb und wo das Kind verstorben ist», sagte die Verteidigerin. Damit könne auch nicht geprüft werden, ob das Kind an einem Hitzetod gestorben sei. Es sei nachvollziehbar, dass eine verzweifelte Mutter, die ihr totes Kind in den kühlen Keller bringt, dieses vorher wärmer anzieht.

Dass die Mutter nach dem Tod des Kindes diesen vertuschen wollte, sei nachvollziehbar. Es dürften sie grosse Verlustängste geplagt haben, da ihr schon zwei Kinder weggenommen worden waren.

Die Verteidigerin der Mutter beantragte mehrheitlich Freisprüche. Einzig der Vorwurf der falschen Anschuldigung sei erwiesen und mit einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Franken zu bestrafen.

Das Kind müsse schon Ende Juni gestorben sein, das belegten Aussagen der Beschuldigten. «Ist der Todeszeitpunkt nicht der 3. Juli, fällt das ganze Konstrukt der Anklage in sich zusammen», so die Verteidigerin.

Sie forderte eine erneute psychiatrische Begutachtung der Beschuldigten. Das erste Gutachten, dass bereits in der Vorinstanz gerügt worden sei, sei unvollständig und widersprüchlich.

Die schweren Vernachlässigungen und das Nachtatverhalten seien zu einem grossen Teil auf den exzessiven Kokainkonsum zurückzuführen, habe die Vorinstanz festgehalten. Die Steuerungsfähigkeiten der Beschuldigten müsse damit massiv eingeschränkt gewesen sein.

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