Die Tramchauffeuse, welche an einem tödlichen Unfall am Letzigrund-Stadion involviert war, wurde vom Zürcher Gericht freigesprochen.
Verkehrsbetriebe Zürich
Ein VBZ-Tram am Limmatplatz. (Symbolbild) - Keystone

Das Bezirksgericht Zürich hat am Montag eine Tramchauffeuse vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Die Frau war beim Letzigrund-Stadion in eine Kollision verwickelt, bei der ein Velofahrer starb.

«Die Tramchauffeuse hat alles richtig gemacht. Wir können ihr nichts anderes nachweisen.» So fasste die Richterin das Urteil zusammen. Die heute 47-jährige Tramchaffeuse steuerte im April 2018 ein Cobra-Tram der Linie Nummer 2 auf der Badenerstrasse stadtauswärts. Rechts von ihr war ein 65-Jähriger auf seinem Mountainbike unterwegs.

Nachdem der Velofahrer gemäss Anklage einen Schwenker Richtung Gleise machte, betätigte die Chauffeuse die Warnglocke. Das Velo kam immer näher, worauf sie die Glocke erneut bimmeln liess und eine Notbremsung einleitete.

Als der Velofahrer dann «unvermittelt und ohne Zeichengebung direkt vor das Tram fuhr», wurde er vom Fahrzeug erfasst. Das Tram überfuhr den Mann und schleifte ihn einige Meter mit. Er erlag seinen schweren Verletzungen noch auf der Unfallstelle.

Die Staatsanwaltschaft warf der Tramführerin unter anderem vor, dass sie mit einem weiteren Fehlverhalten hätte rechnen müssen, weil der Biker auf der Autospur statt dem Radweg gefahren sei.

Die Staatsanwaltschaft, welche das Verfahren gegen die Frau zuerst einstellen wollte, dann aber Anklage erheben musste, warf der Frau fehlendes Bewusstsein für die «gefahrenträchtige Situation» mit dem parallel zum Tram fahrenden Mountainbiker vor.

Wegen fahrlässiger Tötung sei die Chauffeuse zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 100 Franken sowie zu einer Busse von 800 Franken zu verurteilen.

Forderungen in ganz anderen Dimensionen stellte der Anwalt der Witwe. Er verlangte als Schadenersatz und Genugtuung für die Hinterbliebene über 220'000 Franken, davon alleine 30'000 Franken für die Beerdigung und das Grabmal.

Das Paar sei 37 Jahre verheiratet gewesen und die Frau leide immer noch stark unter dem Tod ihres Mannes. Die Tramchauffeuse habe pflichtwidrig die Geschwindigkeit nicht rechtzeitig gedrosselt und sich gegenüber dem Velofahrer insgesamt unvorsichtig verhalten. Der Unfall sei mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen.

Die Beschuldigte selbst berief sich auf ihr Recht zur Aussageverweigerung und beantwortete keine einzige Frage des Gerichts. Ihr Verteidiger forderte einen Freispruch.

Die Unfalluntersuchung habe klar ergeben, dass der Velofahrer vor das Tram gefahren sei, sagte der Anwalt. Dass der Biker laut mehrerer Zeugen nicht im Geringsten auf die sehr laute Warnglocke des Trams und auf die Bremsgeräusche reagierte, sei sehr erstaunlich.

Der 65-Jährige sei aber Hörgeräte-Träger gewesen. An diesem Tag habe er das Gerät offenbar nicht getragen. Die Tramchauffeuse habe also nicht ahnen können, dass der Velofahrer sie nicht wahrgenommen habe. Eine These, gegen die sich der Anwalt der Witwe entschieden wehrte.

Der Freispruch dürfte die Beschuldigte nicht wirklich freuen. Sie leidet seit dem Unfall unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und hat vor kurzem auch noch ihre Arbeit bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich VBZ verloren.

«Der Unfall hat sie völlig aus der Bahn geworfen», sagte ihr Verteidiger. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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