Theater Ballenberg: «Der Geltstag» – ein Stück voller Tragik
Ein Sommerabend voller Emotionen: Das Landschaftstheater Ballenberg zeigt mit Jeremias Gotthelfs «Der Geltstag» eine packende Dorftragödie.

Das Wichtigste in Kürze
- Jeremias Gotthelfs «Der Geltstag» erzählt vom unaufhaltsamen Fall einer stolzen Wirtin.
- Anne Hodler und Markus Omlin brillieren – unterstützt von einem starken Laienensemble.
- «Der Geltstag» ist noch bis am 16. August auf dem Ballenberg zu erleben.
Es ist einer dieser Abende, an denen die Zeit langsamer zu laufen scheint. Die Sonne taucht die historischen Bauernhäuser des Freilichtmuseums Ballenberg in warmes Licht.
Auf der Tribüne nimmt ein bunt gemischtes Publikum Platz: Familien aus der Region, Theaterliebhaberinnen und -liebhaber sowie neugierige Touristinnen und Touristen. Die Stimmung ist erwartungsvoll – und sie wird nicht enttäuscht.
Mit «Der Geltstag» bringt das Landschaftstheater Ballenberg ein selten gespieltes Stück von Jeremias Gotthelf auf die Bühne. Die Geschichte ist schlicht und erschütternd: Die Wirtin Eisi verliert nach dem Tod ihres trunksüchtigen Mannes Steffen alles – den Gasthof, das letzte Hab und Gut, am Ende sogar die eigenen Kinder.
Die Dorfbewohner tragen beim sogenannten «Geltstag» Pfannen, Uhren und Möbel aus ihrem Haus, bis nur noch die leere, verbitterte Frau übrigbleibt. Kein Happy End, nur die gnadenlose Härte des Lebens.
Authentizität, die unter die Haut geht
Dass diese Tragödie so eindringlich wirkt, liegt nicht nur an der historischen Kulisse. Profischauspielerin Anne Hodler spielt Eisi mit grosser Tiefe, mal stolz, mal verzweifelt, mal trotzig – jede Nuance sitzt. Steffen, gespielt vom brillianten Laienschauspieler Markus Omlin, ist ein liebenswürdiger Hallodri, der zwischen Wein und Spieltisch jede Verantwortung verspielt.
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Aber es sind nicht nur die Hauptrollen, die beeindrucken. Das Herz dieser Inszenierung von Ueli Blum sind auch die zahlreichen Laienschauspielerinnen und -schauspieler, die das Dorf zum Leben erwecken.
Ob als neugierige Nachbarin, harter Gläubiger oder schadenfroher Dorfbewohner – sie alle spielen mit einer Glaubwürdigkeit, die fasziniert. Diese Mischung aus Professionalität und authentischem Dorfgeist macht den Abend einzigartig.
Publikum zwischen Betroffenheit und Begeisterung
Nach der Vorstellung stehen viele noch lange vor der Bühne, bevor sich die Gespräche im nahen Restaurant Bären fortsetzen. «Fantastisch», schwärmt eine Besucherin aus Bern.
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Eine andere Besucherin meinte: «Das Stück lässt einen nachdenklich zurück – wie viele Eisis gibt es wohl heute.»
Tristan Jäggi, Geschäfts- und Produktionsleiter des Ballenberg Theaters, zeigt sich tief bewegt: «Ich bin stolz auf unser Ensemble. Und die Besucherinnen und Besucher sind ergriffen, manche kommen nach der Vorstellung zu mir, bedanken sich – und buchen gleich ein zweites Mal.»
Zeitlose Botschaft an einem besonderen Ort
«Der Geltstag» ist mehr als ein Heimatdrama. Es ist eine leise Anklage gegen gesellschaftliche Kälte und falschen Stolz, eine Geschichte über Verantwortung und den hohen Preis von Ignoranz. Auf der Ballenberg-Bühne entfaltet sie eine zeitlose Kraft.

Wer diesen Sommer noch eine eindrucksvolle Reise in die Schweizer Vergangenheit erleben möchte, sollte sich diesen Abend nicht entgehen lassen. «Der Geltstag» läuft noch bis zum 16. August.