Berufungsprozess gegen den Islamwissenschaftler Tariq Ramadan in Genf zu Ende gegangen.
Tariq Ramadan
Prozess in Genf: der Islamwissenschaftler Tariq Ramadan. (Archivbild) - sda - Keystone/MARTIAL TREZZINI

Der Berufungsprozess gegen den wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagten Tariq Ramadan in Genf ist am Mittwoch mit den Schlussplädoyers zu Ende gegangen. Seine Verteidigung forderte erneut einen Freispruch.

Der 61-jährige Islamwissenschaftler Tariq Ramadan ist in Genf wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung einer heute 58-jährigen Frau angeklagt. In erster Instanz war Ramadan etwas überraschend freigesprochen worden.

Gegen dieses Urteil legten sowohl die Klägerin als auch die Genfer Staatsanwaltschaft Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft hält Ramadan für schuldig, die Frau im Oktober 2008 in einem Hotelzimmer in Genf vergewaltigt zu haben. Dafür forderte sie wie bereits in der ersten Instanz eine dreijährige Haftstrafe, von der die Hälfte zur Bewährung ausgesetzt werden soll.

Vergleichende Aussagen im Prozess

Laut der Genfer Staatsanwaltschaft hat die Klägerin während des gesamten Verfahrens konstant und konsequent ausgesagt. Ihre Schilderung habe sich im Gegensatz zu derjenigen von Ramadan als glaubwürdig und detailliert erwiesen.

Demgegenüber beteuerte Ramadan auch im Berufungsverfahren seine Unschuld. Seine Verteidigerin Yaël Hayat forderte am Mittwoch in ihrem Schlussplädoyer erneut, dass Ramadan freizusprechen sei, wie dies in erster Instanz geschehen sei.

Für Ramadans Verteidigerin geht es in dem Fall nicht um eine brutale Vergewaltigung, sondern um die Geschichte einer zurückgestossenen Frau, welche zutiefst verletzt worden sei. Die Klägerin habe Ramadan in Tat und Wahrheit bewundert, sonst hätte sie ihm am Tag nach der angeblichen Horrornacht nicht eine Nachricht wie die folgende geschickt: «Ich träume davon, dich zu küssen und hätte mir gewünscht, dass du mir vertraust.» Diese Worte passten nicht zur Anklage, sagte die Verteidigerin.

Die Beweislage im Prozess

Die Anwältin der Klägerin vertrat ihrerseits die Ansicht, dass genügend Beweise vorlägen, um zu dem Schluss zu kommen, dass Tariq Ramadan der Vergewaltigung schuldig sei. Der Islamwissenschaftler werde in Frankreich von mehreren Frauen desselben Verbrechens beschuldigt.

Véronique Fontana rief dabei ins Gedächtnis: Die «Vorgehensweise» sei bei all diesen Fällen immer dieselbe – wie eine Signatur oder Unterschrift. Alle Frauen seien auf brutalste Art vergewaltigt worden – stets begleitet von Schlägen und Beleidigungen. Die Vergewaltigung in Genf entspräche genau diesem Muster.

Ramadan ist der Enkel des ägyptischen Gründers der Muslimbruderschaft Hassan el-Banna. Sein Vater Said flüchtete 1954 in die Schweiz. Tariq Ramadan unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen.

Wann das Urteil eröffnet wird, stand am Mittwoch nicht fest.

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