SVP-Sitz im Thurgauer Grossen Rat könnte vorerst leer bleiben
Im Bezirk Frauenfeld gibt es einen Verdacht auf Wahlbetrug im Grossen Rat. Die Grünlieberalen fühlen sich um einen Sitz betrogen.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Grossen Rat von Thurgau soll es zu einem Wahlbetrug gekommen sein.
- Die Grünliberalen fühlen sich um einen Sitz betrogen.
- In der Ablage der SVP wurden 100 Wahlzettel der GLP gefunden.
Seit der Wahl des Thurgauer Grossen Rats Mitte März gibt der Verdacht eines Wahlbetrugs im Bezirk Frauenfeld zu reden. Die Grünliberalen fühlen sich um einen Sitz betrogen. Kommende Woche befasst sich der Rat mit der Sache.
Das Büro des 130-köpfigen Grossen Rats will an der Eröffnungssitzung vom 20. Mai vorerst nur jene 129 Sitze genehmigen lassen, die nicht umstritten sind. Beim angefochtenen 130. Sitz soll die Genehmigung aufgeschoben werden, bis eine laufende Strafuntersuchung abgeschlossen ist.
Der Sitz betrifft die frisch gewählte Severine Hänni (SVP) im Bezirk Frauenfeld. Die Grünliberalen reichten eine Wahlrechtsbeschwerde beim Grossen Rat ein. Sie hegen den Verdacht eines Wahlbetrugs. Sollte sich dieser bestätigen, könnte der umstrittene Sitz an die GLP statt an die SVP gehen.
Unregelmässigkeiten entdeckt
Mitglieder des Grossen Rats dürfen, bis zum Entscheid des Parlaments über die Gültigkeit ihres Mandats, nicht an den Verhandlungen teilnehmen. Zumindest solange deren Wahl bestritten ist, so lautet das Gesetz. Der SVP-Sitz von Hänni könnte daher einstweilen leer bleiben.
Die Staatskanzlei hatte bei einer Nachzählung Wahlzettel des Bezirks Frauenfeld Unregelmässigkeiten entdeckt und Strafanzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft führt eine Strafuntersuchung. Das Büro des Grossen Rats rechnet nicht damit, dass bis zum 20. Mai, dem kommenden Mittwoch, ein Ergebnis vorliegen wird.
Bei der Nachzählung zwei Tage nach der Wahl waren 100 GLP-Wahlzettel in der Ablage der SVP gefunden worden. Das Wahlergebnis wurde korrigiert, an der Sitzverteilung änderte dies aber vorerst nichts.
«offensichtlich manipuliertes» Resultat
Die GLP verlangte eine vollständige Nachzählung aller 2300 unveränderten Wahlzettel sowie eine Untersuchung der Zähl- und Kontrollabläufe. Die Staatskanzlei nahm danach auch die Laufzettel unter die Lupe, auf denen die Wahlhelfer die einzelnen Zählschritte rapportiert hatten.
Dabei fiel auf, dass die auf den Laufzetteln protokollierte Anzahl der unveränderten Wahlzettel nicht mit den Zählresultaten übereinstimmte. Der GLP hätten gemäss den Laufzetteln rund 100 weitere Wahlzettel zugestanden, der SVP rund 100 weniger. Für diese Diskrepanz gibt es bisher keine Erklärung.

Die Grünliberalen des Bezirks Frauenfeld fordern eine Korrektur des «offensichtlich manipulierten» Resultats. Die Partei beansprucht für sich einen zusätzlichen Sitz. GLP-Fraktionspräsident Ueli Fisch kündigte an, seine Partei erwäge eine Wahlbeschwerde beim Bundesgericht, um sich alle Optionen offen zu halten.