Erwin Sperisen sagt, er sei unschuldig und verlangt eine Entschädigung in Millionenhöhe.
erwin sperisen
Der Fall von Erwin Sperisen wird zum vierten Mal verhandelt – er zieht sich seit zwölf Jahren hin. Hier im Bild ist Sperisen vor der Eröffnung des Prozesses am Montag vor Medienvertretern zu sehen. - keystone

Erwin Sperisen, der ehemalige Chef der nationalen Zivilpolizei von Guatemala, verlangt vom Staat Genf acht Millionen Franken Entschädigung. Er begründet dies damit, dass er unschuldig sei und elf Jahre zu Unrecht seiner Freiheit beraubt worden sei.

Sperisens Verteidiger forderten diese Entschädigung am Dienstag vor der Genfer Berufungskammer. Diese Summe beinhaltet auch die Kosten für die Verteidigung. Giorgio Campa, einer seiner Anwälte, schloss sein Plädoyer mit der Aufforderung an die Richter, den schweizerisch-guatemaltekischen Doppelbürger freizusprechen.

Er forderte sie auf, ein Urteil der Wiedergutmachung und nicht ein Urteil der Schande zu fällen. «Sie müssen anerkennen, dass mein Mandant Opfer eines Justizirrtums geworden ist».

Verteidigung: Es gebe keine Beweise

Für Campa und seinen Kollegen in der Verteidigung, Florian Baier, gibt es in den Akten keinen Beweis dafür, dass Sperisen Mitglied einer kriminellen Organisation war, die innerhalb des guatemaltekischen Staatsapparats tätig war und deren Aufgabe es war, Personen zu eliminieren, die als unerwünscht angesehen wurden.

Diese Behauptung beruhe lediglich auf den Aussagen der Ermittler der Internationalen Kommission gegen Straffreiheit in Guatemala (CICIG), erklärte Baier. Dieselben Ermittler stützten sich laut der Verteidigung auf zweifelhafte Zeugen oder solche, die «alles Mögliche erzählt haben».

Zudem erinnerte Campa daran, dass Sperisen dreimal auf unterschiedlicher Grundlage von Genfer Gerichten verurteilt worden sei. Ein erstes Mal für die Ermordung von sieben Häftlingen, ein zweites Mal für die Ermordung von zehn Häftlingen und schliesslich wegen Beihilfe zur Ermordung von sieben Häftlingen. «Es handelt sich um drei verschiedene Geschichten», stellte er fest.

Sperisen verweigert Stellungnahme

Auf das letzte, massgebliche Urteil zurückkommend, zeigte sich Campa erstaunt, dass der ehemalige Chef der guatemaltekischen Zivilpolizei für schuldig befunden wurde, Komplize von Personen gewesen zu sein, die von verschiedenen europäischen Gerichten wegen derselben Taten angeklagt und freigesprochen worden waren. In ihrem letzten Urteil habe die Genfer Justiz diese Freisprüche nicht berücksichtigt, bedauerte Campa.

Die Verteidigung von Sperisen berief sich auch auf das Recht auf ein Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist, falls die Berufungs- und Revisionsstrafkammer den ehemaligen hochrangigen guatemaltekischen Beamten nicht freisprechen sollte. Der Fall, der zum vierten Mal verhandelt wird, zieht sich seit zwölf Jahren hin.

Am Dienstagmorgen weigerte sich Sperisen, vor Gericht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Er äusserte sich lediglich zu seiner persönlichen Situation. «Ich wurde von Leuten gemeldet, angeklagt und verurteilt, die nie in Guatemala waren und das Land nicht kennen», beklagte er sich.

Von seiner Frau und von Sozialhilfe gelebt

Sperisen erklärte weiter, dass er und seine Familie seit seiner Festnahme 2012 in Genf teilweise von Sozialhilfe und der Arbeit, die seine Frau bei der guatemaltekischen Regierung hatte, gelebt hätten. Es war ihm nicht möglich, selbst eine Arbeit zu finden. «Wenn man meinen Namen sieht, stellt man mich nicht ein».

Sperisen wird beschuldigt, der aussergerichtlichen Hinrichtung von sieben Häftlingen durch ein Killerkommando zugestimmt zu haben. Die Tat ereignete sich 2006 in Guatemala während eines Sturms der Sicherheitskräfte auf das Gefängnis von Pavon. Die Einrichtung wurde von Drogenhändlern von innen heraus kontrolliert.

Der Prozess wird am Mittwochmorgen mit den Anträgen des ersten Staatsanwalts Yves Bertossa fortgesetzt.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

HinrichtungRegierungGerichtStaatFranken