So schnell geht es bis zur Zehn-Millionen-Marke
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz zählt seit Kurzem neun Millionen Einwohner.
- Laut einem Zukunftsforscher könnten es schon 2040 zehn Millionen sein.
- Das bringt Herausforderungen – etwa in Gesundheit, Mobilität und Wohnungsmarkt.
Vor fast genau einem Jahr bewohnten erstmals neun Millionen Menschen die Schweiz. Jetzt ist offiziell: Auch was die ständige Wohnbevölkerung angeht, zählt die Schweiz nun über neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.
Die nächste Marke ist die Zehn-Millionen-Schweiz – ein Politikum. Und das könnte schneller gehen, als man denkt.
Das Bundesamt für Statistik (BFS) teilt auf Anfrage von Nau.ch mit, es gehe davon aus, dass die Marke möglicherweise bis 2040 geknackt wird. Dazu hat es drei Grundszenarien berechnet: das Referenzszenario, das «hohe» und das «tiefe» Szenario.
Das Referenzszenario schreibt die Entwicklungen der letzten Jahre fort. Es prognostiziert den Anstieg auf zehn Millionen in nur 16 Jahren, also 2040.
Doch es könnte sogar noch schneller gehen. Céline Schmid vom BFS erklärt: «Gemäss dem hohen Szenario erreichen wir diese Zahl bereits 2034.»
Das tiefe Szenario ist vorsichtiger: «Dann wären es 2050 erst 9,5 Millionen.»
«Zehn Millionen bis 2040 – das ist realistisch»
Doch welches davon ist am realistischsten?
Zukunftsforscher Georges T. Roos findet: «Ich denke, dass das Referenzszenario hier am besten passt. Zehn Millionen bis 2040 – das ist realistisch.»
Macht dir die Vorstellung einer 10-Millionen-Schweiz Angst?
Laut dem BFS waren über 80 Prozent des Bevölkerungswachstums in den letzten Jahrzehnten auf Migration zurückzuführen. Auch künftig wird die Schweiz fast ausschliesslich durch Zuwanderung wachsen.
Roos bestätigt: «Es ist unwahrscheinlich, dass die Geburtenrate plötzlich steigt. Das Wachstum wird durch Migration angetrieben.» Schliesslich ist die Geburtenrate seit Jahren rückläufig.
Migranten: Keine Flüchtlinge, sondern gut ausgebildet und wohlhabend
Diese Zuwanderung bezieht sich nicht etwa auf Flüchtlinge, sondern auf gut ausgebildete Fachkräfte. «Wir sprechen hier von hochqualifizierten Einwanderern aus der EU und den USA», betont der Zukunftsforscher.
Roos sieht aber noch einen anderen entscheidenden Faktor: «Die Lebenserwartung steigt weiter. Bis 2040 könnte die durchschnittliche Frau in der Schweiz bereits 90 Jahre alt werden.»
Das grösste Bevölkerungswachstum wird also in der Altersgruppe 65+ stattfinden. «Jeder vierte Einwohner der Schweiz könnte bis dahin über 65 Jahre alt sein», prognostiziert Roos.
Die grössten Probleme: «Mobilität, Wohnen und Gesundheit»
Mit einer älter werdenden Bevölkerung und wachsender Zuwanderung wird die Schweiz vor neue Herausforderungen gestellt. «Mobilität, Wohnen und Gesundheit – das sind die drei grössten Problemfelder», warnt Roos.
Vor allem die Infrastruktur müsse massiv ausgebaut werden, um mit dem Wachstum Schritt zu halten.
Doch es gibt auch positive Aspekte: «Die Zuwanderung wird den Fachkräftemangel mildern», so Roos. «Und die meisten Migranten kommen im erwerbsfähigen Alter, was der Schweiz helfen wird, die alternde Bevölkerung zu stützen.»
Wohnungs-Angebot kann nicht mit Nachfrage mithalten
Trotzdem: Der Wohnungsmarkt könnte zu einem ernsthaften Problem werden. Die Nachfrage steigt, das Angebot hält nicht mit. «Das wird aber nicht zu weniger Einwanderung führen», glaubt Roos.
«Wohlhabende Zuwanderer können sich die steigenden Mieten leisten. Die Migration wird erst dann abnehmen, wenn die Menschen hier keine Arbeit mehr finden – etwa im Fall einer Wirtschaftskrise.»
Ein weiteres Phänomen, das Roos voraussieht: «Die Gentrifizierung wird zunehmen. In den begehrtesten Lagen werden vor allem die Gutverdienenden wohnen.»
Die Zukunftsforscherin Martina Kühne sieht derweil bald viele attraktive Kleinstädte in der Schweiz.