So dreist werden Frauen in der Badi belästigt
Belästigung gibt es in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Auch in der Badi – wo Fremde leicht bekleidet aufeinandertreffen – entsteht viel Unwohlsein.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Nau.ch-Leserin berichtet über mehrere Belästigungs-Fälle im Marzili in Bern.
- Die Stadt Bern reagiert und rät Betroffenen, sich zu melden.
- Sexualisierte Gewalt sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, so die NGO Brava.
Wohl jede Frau in der Schweiz kennt es: ungewünschte Kontaktaufnahme oder unangebrachtes Verhalten des Gegenübers.
Das ist unangenehm und kann auch sehr beängstigend sein. Während Belästigung sozusagen überall im öffentlichen Raum vorkommt, ist sie in der Badi für viele nochmal gravierender.
So auch für Nau.ch-Leserin Rayana R.*, die schon mehrere solcher Vorfälle erlebt hat. Sie berichtet: «Klar ist es immer schlimm, wenn man belästigt wird.»
Aber: «Wenn man leicht bekleidet in der Badi liegt, ist das noch viel unangenehmer.»
Männer setzen sich ungefragt aufs «Tüechli»
Sie erzählt gleich von mehreren Belästigungs-Vorfällen, die sie hautnah miterlebt hat. Alle hätten sich im bekannten Berner Marzilibad abgespielt.
«Ich wurde im Marzili schon mehrere Male belästigt. Fremde Männer setzten sich beispielsweise unaufgefordert auf mein ‹Tüechli› und weigerten sich, wieder zu gehen.»
Das seien aber noch die harmloseren Vorfälle gewesen, so die Nau.ch-Leserin. «Als ich der Situation einmal entkommen wollte und ins Wasser bin, kam der Typ einfach mit!»
Sie sei den Mann erst losgeworden, als sie frühzeitig gegangen sei. Etwas, das sie sonst nie mache, denn: «Ich will mich nicht von irgendeinem ‹Grüsu› an etwas hindern lassen. Aber ich habe mich so unwohl gefühlt, dass es nicht anders ging.»
Aus der Badi bis ins Bähnli verfolgt
Die Spitze des Eisbergs sei aber ein anderes Erlebnis gewesen, so Rayana R.: «Ein Typ hat mich über Stunden hinweg richtig penetrant angestarrt. Selbst dann, als ich mich umgezogen habe.»
Als sie die Badi am Abend verlassen habe, sei der Gaffer auch gegangen. «Zuerst dachte ich an Zufall, bis ich realisierte, dass er mir folgt.»

Sie habe ihn beim Marzilibähnli schliesslich gestellt und ihm die Meinung gesagt. Seine Antwort: «Er hat mir erklärt, dass er zu schüchtern gewesen sei, um mich anzusprechen. Entschuldigt hat er sich nicht.»
Bei Belästigung «an das Aufsichtspersonal wenden»
Die Stadt Bern bedauert die Vorfälle. «Es tut uns sehr leid, dass die Leserin im Freibad Marzili unangenehme Zustände erlebt hat», heisst es bei der Direktion für Bildung, Soziales und Sport auf Anfrage.
Mediensprecherin Florina Schwander fügt an: «Badegäste, die sich belästigt fühlen, dürfen und sollen sich unbedingt an das Aufsichtspersonal wenden.»
Damit adäquat reagiert werden könne, sei es wichtig, dass das Personal unmittelbar und direkt über solche Vorkommnisse informiert werde.
Dazu meint Rayana R. selbstkritisch: «Gemeldet habe ich die Vorfälle nie, obwohl ich schon mit dem Gedanken gespielt habe. Ich wollte aber auch kein Fass aufmachen und jemanden damit behelligen.»
«Geschlechtsbezogene Gewalt ist gesamtgesellschaftlich»
Die Organisation «Brava» – ehemals Terre des Femmes Schweiz – findet zum Melde-Aufruf: «Badis könnten eine aktivere Rolle übernehmen. Dies, indem sie durch Kampagnen das Bewusstsein für geschlechtsbezogene Gewalt, Sexismus und Zivilcourage stärken.»
Denn: «Geschlechtsbezogene Gewalt, wie auch die damit verbundene Verantwortung, sind gesamtgesellschaftlich.»
Dessen ist man sich auch in Bern bewusst. «Das Badepersonal wird gezielt geschult und reagiert proaktiv, wenn es etwas bemerkt.» Zudem gebe es im Zuge der Kampagne «Bern schaut hin» auch Zivilcourage-Tipps, so Florina Schwander.
Nau.ch hat im Zuge der von Rayana R. geschilderten Erlebnisse auch mit anderen Schweizer Badis über das Thema gesprochen. Wie gehen sie mit Belästigung um?
«Man muss immer zeitnah reagieren»
Die Badi Sissach BL lässt verlauten, einen Fall wie im Marzili in Bern habe es bei ihnen noch nie gegeben.
Denn: «Die Badi Sissach ist eine kleine, familiäre Badi. Die Gäste und die Bademeister, Badeaufsichten und Kassenpersonal kennen sich und es wird oft miteinander gesprochen.»

Es könne mal vorkommen, dass sich Jugendliche nicht an die Regeln halten würden. Diese würden jedoch vom Aufsichtspersonal zurechtgewiesen. «Man darf da nichts ‹einschleifen› lassen und muss immer zeitnah reagieren.»
«Solange es solche Vorfälle gibt, kann immer mehr getan werden»
Anders in Schaffhausen. «Leider ist auch die Rhybadi nicht verschont», heisst es dort auf Anfrage. Man kenne zwar keinen Vorfall wie im Marzili in Bern, aber «auch bei uns kommt es zu übergriffigem Verhalten».
Die Verantwortlichen der Rhybadi nehmen die Vorfälle ernst und sagen: «Solange es solche Vorfälle gibt, kann immer mehr getan werden.»
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Aber es sei für das ohnehin gestresste Personal schwer, alles mitzubekommen. Und: «Es kann nicht die alleinige Aufgabe der Badeaufsicht im Saisonbetrieb sein, dieses Männerproblem zu lösen.»
Freibad Porrentruy JU verbietet Ausländern Zutritt
Im Juli sorgte das Freibad in Porrentruy JU für Schlagzeilen. Dieses erliess bis Ende August ein Eintrittsverbot für Personen aus dem Ausland. Ausnahmen gibt es für Menschen mit einer Niederlassungs- oder Arbeitsbewilligung in der Schweiz.
Begründet wurde die Massnahmen durch eine Häufung von «Fehlverhalten durch Jugendliche von jenseits der Grenze». Dazu gehörte auch «Belästigung gegenüber jungen Frauen».