Schweizer Ärzte verdienen dank Generika-Deals Millionen
Ärzte dürfen fast die Hälfte von Medikamentenrabatten behalten. Trotz Kritik an Kontrolle und Transparenz sind so seit 2020 Millionen geflossen.

Das Wichtigste in Kürze
- Ärzte verdienen in der Schweiz Millionen mit Rabatten auf Medikamente.
- Sie dürfen bis zu 49 Prozent der Rabatte behalten, die Pharmafirmen gewähren.
- Insgesamt erhielten die Ärzte auf diese Weise bisher etwa 40 Millionen Franken.
Ärzte in der Schweiz verdienen mit Medikamentenrabatten Millionen – ganz legal.
Möglich macht das ein Kompromiss, den Bundesrat und Parlament 2020 beschlossen haben. Eigentlich sollten finanzielle Anreize beim Verschreiben von Arzneien verboten werden.
Doch nach massivem Lobbying der Ärzteschaft blieb ein Schlupfloch offen, wie die «NZZ» schreibt.
49 Prozent der Rabatte dürfen die Ärzte behalten
Heute dürfen Ärztinnen und Ärzte weiterhin bis zu 49 Prozent der Rabatte behalten, die Pharmafirmen auf Generika und Biosimilars gewähren.
Voraussetzung ist, dass sie das Geld in Massnahmen zur Qualitätsverbesserung investieren. Mindestens 51 Prozent der Rabatte müssen an die Krankenkassen fliessen.
Abgewickelt wird das Geschäft zunehmend über spezialisierte Vermittler. Besonders erfolgreich ist der Dienst Proqura der Firma Pro Medicus.

Er sammelt Rabattzahlungen der Pharmafirmen ein und verteilt sie an Ärzte und Versicherer. Laut eigenen Angaben flossen so seit 2020 rund 50 Millionen Franken an die Krankenkassen.
Wie viel Geld bei den Ärzten landet, war lange unklar. Ein vertraulicher Bericht an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zeigt nun: Rund 45 Prozent der Rabatte bleiben bei den Medizinern.
Einzelne Ärzte verdienten auf diese Weise sechsstellig
Insgesamt erhielten sie bisher etwa 40 Millionen Franken. Bei rund 800 beteiligten Ärzten ergibt das durchschnittlich 50’000 Franken pro Person. Einzelne sollen mit Rabatten auf einzelne Medikamente sogar über 100’000 Franken pro Jahr verdient haben.
Besonders lukrativ sind teure Krebsmedikamente. Bei einzelnen Präparaten betragen die Rabatte bis zu 70 Prozent des Listenpreises. Diese Rabatthöhen sind nicht öffentlich.
Erst Medienberichte machten Auszüge aus einer geheimen Liste mit über 1800 Medikamenten publik.
Kritik kommt nicht nur aus der Politik, sondern auch vom BAG. Die Behörde bemängelt gegenüber der Zeitung, dass kaum überprüft werde, ob die deklarierten Qualitätsmassnahmen tatsächlich umgesetzt werden.
Geld verwendet für Weiterbildungen?
Ärzte geben selbst an, wofür sie das Geld verwenden. Etwa für Weiterbildungen oder Patienteninformationen. Eine systematische Kontrolle aber fehlt.
Auch Teile der Pharmaindustrie sehen das System kritisch. Der Preiswettbewerb finde heute fast nur noch über intransparente Rabatte statt, sagen Branchenvertreter.
Offizielle Preissenkungen lohnten sich kaum noch. Andere wiederum verteidigen das Modell als legal und marktkonform.
Politisch zeichnet sich vorerst keine Kehrtwende ab. Weder Bundesrat noch Parlament wollen die Regeln ändern.
Wird das System gar noch ausgeweitet?
Im Gegenteil: Ein runder Tisch zur Kostendämpfung schlägt vor, das Rabattsystem auf Spitäler und Apotheken auszuweiten. Das Einsparpotenzial für die Grundversicherung wird auf bis zu 60 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.
Direkt profitieren davon jedoch nicht die Patienten. Ihnen wird weiterhin der volle Listenpreis verrechnet. Besonders spürbar für Versicherte mit hoher Franchise.
Während Ärzte, Kassen und Vermittler profitieren, bleibt der Rabatt für viele Betroffene unsichtbar.















