Die Schweizer Psychologieverbände begrüssen den Entscheid des Bundesrats zur Psychotherapie. Mit der Abschaffung des Delegationsmodells könnten die bestehenden Versorgungsengpässe - vor allem bei Kindern und Jugendlichen - beseitigt werden.
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Viele Menschen leiden psychisch unter den Folgen des Coronavirus. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Man sei «hocherfreut» über den Beschluss des Bundesrats, heisst es in einer Mitteilung der Verbände vom Freitag.

Mit der Einführung des Anordnungsmodells erfülle der Bundesrat eine langjährige Forderung der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP), der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP) und des Schweizerische Berufsverbandes für Angewandte Psychologie (SBAP).

Dass Psychotherapien in Zukunft von der Grundversicherung bezahlt werden, sofern sie auf Anordnung eines Arztes oder einer Ärztin erfolgen, sei ein grosser Fortschritt. Die Versorgung im Bereich der psychischen Gesundheit werde sich spürbar verbessern, heisst es in der Mitteilung. Besonders für Kinder und Jugendliche in ländlichen Regionen gegeben es zu wenige Therapieplätze. «Ein Schritt, der umso wichtiger ist in Zeiten der Pandemie, die auch die psychische Gesundheit stark belastet.»

Mit dem Beschluss des Bundesrates vom Freitag, wird das heutige Delegationsmodell am 1. Juli 2022 durch ein Anordnungsmodell ersetzt, das in ähnlicher Form bereits bei der Physiotherapie existiert. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten rechnen ihre Leistung selbständig direkt bei der obligatorischen Krankenversicherung ab, wenn ein Arzt oder eine Ärztin die Therapie anordnete.

Bisher werden ambulante Psychotherapien nur dann von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt, wenn sie von einem Psychiater durchgeführt werden oder von einer psychologischen Psychotherapeutin, die bei einer Ärztin oder einem Arzt angestellt ist. Mit dem neuen Modell können die Psychotherapeuten selbständig arbeiten - unabhängig von der Anstellung durch einen Arzt.

Ein «Wermutstropfen» habe jedoch die Neuregelung, schrieben die Psychologieverbände. Der Bundesrat hat in der Verordnung festgehalten, dass mit einer ärztlichen Anordnung fünfzehn Therapiesitzungen abgerechnet werden können. Danach ist eine neue Verordnung notwendig und entsprechend auch ein Besuch bei einem Arzt.

Mit der Beschränkung auf fünfzehn Sitzungen werde «unnötiger administrativer Aufwand generiert». Fünfzehn Sitzungen würden in vielen Fällen nicht ausreichen - vor allem wenn Kinder oder Jugendliche betroffen seien. Man hoffe, dass die restriktive Regelung aufgehoben werde, wenn sie sich in der Praxis nicht beweise.

Mit dem Entscheid des Bundesrats endet auch ein jahrelanger Kampf der Verbände für mehr Unabhängigkeit von den Psychiaterinnen und Psychiatern und für eine Besserstellung der ambulanten Psychotherapie. So wurde 2019 eine Petition mit fast 100'000 Unterschriften eingereicht.

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