Die Schweizer Medientitel «20 Minuten» und «Blick» stehen im Fokus des Presserats wegen verschiedener Verstösse gegen guten Journalismus und dessen Kodex.
Der Schweizer Presserat hat die Schwelle für die Pflicht, bei schweren Vorwürfen in Medienberichten auch die Gegenseite anzuhören, etwas gesenkt. (Symbolbild)
Der Schweizer Presserat hat die Schwelle für die Pflicht, bei schweren Vorwürfen in Medienberichten auch die Gegenseite anzuhören, etwas gesenkt. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Der Presserat hat zwei Beschwerden gegen die Medientitel «20 Minuten» und «Blick» gutgeheissen. «20 Minuten» verletzte die Pflicht zur Wahrheitssuche, die Anhörungspflicht und die Privatsphäre. «Blick» wurde wegen der Verletzung der Wahrheits- und Berichtigungspflicht gerügt.

«20 Minuten gab Falschinformationen, die in spanischen Medien veröffentlicht worden waren, ungeprüft weiter, wie der Presserat am Donnerstag mitteilte. Das Medium berichtete am 10. Juni 2022 über einen Einsatz der Neuenburger Polizei im Haus einer spanischen Staatsbürgerin, die ihre beiden Kinder gegen den Willen des Vaters in die Schweiz gebracht haben soll.

Die Redaktion hätte diese Information verifizieren müssen, insbesondere bei den Schweizer Behörden, schrieb der Presserat. Andere Medien hätten den Fall zeitgleich ganz anders dargestellt.

«20 Minuten» verletzte diverse Persönlichkeitsrechte

Weiter hätte die Redaktion laut Presserat aufgrund der Schwere der Vorwürfe die Meinung der Mutter einholen müssen. «20 Minuten» habe zudem die Privatsphäre der Mutter verletzt, in dem ihre vollständige Identität mit Bild veröffentlicht wurde. Dafür habe «20 Minuten» keinen «relevanten Grund» gehabt, so der Presserat.

Mit der Veröffentlichung des Bildes ist laut Presserat auch noch die besondere Schutzpflicht von Kindern verletzt worden – auch wenn diese nur verschwommen zu sehen waren.

«Blick» mit verdrehter Tatsache ohne Korrektur

«Blick» verletzte den Journalistenkodex laut Presserat im Artikel «Weltweiter Ausstieg vom Atomausstieg» vom 13. März 2023. Darin hatte das Medium im Zusammenhang mit der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima geschrieben, dass wegen eines «Atom-Gau» 20'000 Menschen gestorben sind. Richtig sei jedoch, dass die Menschen wegen des vom Tohoku-Erdbeben ausgelösten Tsunamis gestorben seien.

Bei einem Ereignis, das weltweit derart für Schlagzeilen sorgte, ist Präzision zwingend, schrieb der Presserat. Bei so wichtigen wie umstrittenen Themen müssten die Fakten stimmen. Das sei wichtig für den Artikel selbst und die gesamte Diskussion.

Weiter rügte der Presserat den «Blick», weil das Medium im Artikel in der Print-Ausgabe kein Korrigendum veröffentlicht hatte. «Blick» hatte den Fehler zwar nach wenigen Stunden bemerkt und online korrigiert, auf eine Korrektur in der Papierzeitung verzichtete er aber. Das wäre zwingend gewesen, so der Presserat.

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