Daten

Geheime Daten an Russland: Ist der NDB noch glaubwürdig?

Ein NDB-Mitarbeiter soll geheime Daten an die russische Firma Kaspersky weitergegeben haben. Solche Spionage dürfe man nicht unterschätzen, sagen Politiker.

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Nationalrat Gerhard Andrey hat keinerlei Verständnis für die Nachlässigkeit im Nachrichtendienst des Bundes (NDB). - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Mitarbeitende des NDB sollen heimlich mit der russischen Firma Kaspersky kooperiert haben.
  • Dies stösst auf scharfe Kritik aus dem Parlament: Es sei nicht der erste solche Fall.
  • «Die Glaubwürdigkeit ist an einem Nullpunkt», sagt Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey.

Mitarbeitende des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) haben nach Informationen des SRF mit russischen Kontakten kooperiert.

Offenbar sollen hochsensible Daten abgeflossen sein, die bei russischen Geheimdiensten landeten.

Enorme Tragweite befürchtet

Dem SRF liegt ein Untersuchungsbericht des NDB vor. Konkret gehe es um eine Zusammenarbeit zwischen einem NDB-Mitarbeiter, genannt W., und der russischen Softwarefirma Kaspersky. Diese soll in den Jahren 2015 bis 2020 stattgefunden haben.

Russland NDB
Mitarbeitende des Nachrichten Dienst des Bundes sollen sensible Daten an eine russische Firma weitergegeben haben. (Symbolbild) - keystone

«Ganz generell wird die Bedeutung der Spionage, der Industriespionage, in der Schweiz unterschätzt», sagt Mitte-Nationalrat Reto Nause zu Nau.ch. Er fordert ein vermehrtes Augenmerk darauf und dass allfällig Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden.

Härter mit dem NDB ins Gericht geht Nationalrat Gerhard Andrey (GPS/FR), der selbst in der IT-Branche tätig ist. Die Tragweite des Vorfalls sei enorm, und: «Vor allem zeugt es einfach von einer grossen Naivität.»

Glaubwürdigkeit des NDB «an einem Nullpunkt»

Kaspersky steht schon seit Jahren international unter Spionageverdacht. Befreundete Geheimdienste warnten den NDB: Es bestehe «die Gefahr, dass Leben gefährdet wären».

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Der Berner Mitte-Nationalrat Reto Nause begrüsst die lückenlose Untersuchung der Russland-Spionage beim NDB. Verantwortliche müssten zur Rechenschaft gezogen werden. - Nau.ch

Ausserdem drohten sie mit der Einstellung der Zusammenarbeit mit dem NDB, falls W. weiterbeschäftigt werde. Hier sieht auch Nationalrat Andrey das Problem: bei den Beziehungen zu den ausländischen Partnerdiensten.

Denn diese sollten weiterhin gut sein, «so, dass man sich aufeinander verlassen kann». Wenn man dann quasi mit der «anderen Seite» zusammenarbeite, um gut dazustehen, sei das höchstgradig problematisch für den NDB. «Die Glaubwürdigkeit ist an einem Nullpunkt», bilanziert Andrey.

Daten über private Chats übermittelt

Vertrauliche Informationen wie Malware-Samples und Netzwerkdaten sollen ohne offizielle Dokumentation über private E-Mail- und Threema-Kanäle an Kaspersky übermittelt worden sein.

Diese Daten könnten es russischen Diensten erlaubt haben, ihre Cyberangriffe gezielter zu verbessern.

Vertraust du dem NDB?

Nationalrat Gerhard Andrey gibt ganz offen zu: «Das überfordert mich.» Er kann nicht verstehen, wie man auf die Idee kommen kann, dass das schlau sein könnte.

Er sieht eine grundsätzliche Problematik beim NDB: Immer wieder gebe es Skandale, worauf man Bedauern bekunde und Untersuchungen veranlasse. «Es ist nicht der erste solche Fall und ich halte dies für höchstgradig problematisch.»

Geheimdienst mehr Schaden als Nutzen?

Dass eine Untersuchung allein natürlich nicht genüge, bestätigt auch Mitte-Nationalrat Reto Nause. «Wenn man Klarheit hat, was vorgefallen ist und wie es vorgefallen ist, braucht es Massnahmen. Damit solche Vorfälle in Zukunft verhindert werden können.»

Dabei will es Gerhard Andrey aber nicht belassen. «Das muss man gröber angehen und sich echt hinterfragen, was der geheimdienstliche Teil des Nachrichtendienstes für eine Daseinsberechtigung hat. Ich habe den Eindruck, es wird mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet.»

NDB hatte Warnungen ignoriert

Im Frühling 2021 habe der NDB eine interne Untersuchung gestartet – dies aber etwas spät. Warnungen gab es bereits ab 2018, diese wurden aber zunächst ignoriert.

Ende 2020 wurde W. freigestellt, doch auch hier gab es offenbar interne Versäumnisse: W. konnte offenbar Beweismaterial vernichten.

Er nahm seinen «persönlichen, dienstlichen Laptop» mit und habe ihn erst über drei Monate später «neu aufgesetzt» zurückgebracht. Auch das Cyberteam von W. soll in grossem Stil Daten gelöscht haben.

Cyberteam hatte Angst vor Bedeutungsverlust

Inzwischen sei der Bereich Cyber reorganisiert worden, teilte der NDB mit. Die Aufsichtsbehörde kritisierte aber kürzlich, dass trotz der Affäre bis dahin keine grundlegenden Kontrollsysteme eingeführt wurden.

Doch warum stand W. überhaupt im Kontakt mit Kaspersky? Ganz klar ist es nicht, aber ein interner Chat des Cyberteams bietet Hinweise.

Als die Zusammenarbeit mit einer wichtigen Providerfirma zusammenzubrechen droht, wird diese Nachricht geschrieben: Das wäre ein Albtraum – «we will be like everybody else».

Hast du Angst um deine persönlichen Daten?

Das als erfolgreich geltende Cyberteam unter der Leitung von W. hatte offenbar Angst davor, an Bedeutung zu verlieren.

W. weist die Vorwürfe gegen ihn und sein Team gegenüber SRF Investigativ zurück. Bei den Vorwürfen handle es sich um falsche Vermutungen, die «völlig aus der Luft gegriffen» seien, kommuniziert sein Anwalt.

Bundesrat Pfister ordnet weitere Untersuchungen an

Bundesrat Martin Pfister ist als neuer Vorsteher des Verteidigungsdepartements (VBS) verantwortlich für den NDB.

Im Interview mit SRF Investigativ kündigt er eine externe Administrativuntersuchung an.

Diese soll klären, ob frühere Empfehlungen umgesetzt wurden und wer für die Vernichtung von Daten verantwortlich ist. Für die Vorgänge zwischen 2015 und 2020 laufen derzeit keine Strafuntersuchungen.

Pfister betont: «Das Vertrauen in den NDB ist von zentraler Bedeutung. Ich setze persönlich alles daran, dass dieses wiederhergestellt wird.»

Kommentare

User #2688 (nicht angemeldet)

Das ganze hat sich zwischen 2015 und 2020 zugetragen und 3x dürft ihr jetzt raten, wer damals der Chef vom Departement war. Spoiler: er hatte kä Luscht.

User #5423 (nicht angemeldet)

Wusste gar nicht das der ehemalige Schafhirt Guschti den Nachrichtendienst übernommen hat.

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