Ein Video der Soko Tierschutz sorgt derzeit für Schlagzeilen. Zu sehen sind brutale Tierversuche in Hamburg. Sind solche Szenen auch in der Schweiz realistisch?
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Die Zahl der in der Schweiz durchgeführten Tierversuche ist 2018 zurückgegangen. Immer noch werden aber jährlich weit über eine halbe Million Tiere für Versuche eingesetzt. (Archivbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Auch in der Schweiz werden nach wie vor Tierversuche durchgeführt.
  • Diese müssen bewilligt werden, es gelten strenge Regeln für Haltung und Forschende.
  • Mithilfe von verschiedenen Labels können sich Konsumenten informieren.

Zum Sterben liegengelassene Hunde, Katzen und Affen in engen Käfigen – ein Video der deutschen Soko Tierschutz sorgt aktuell für Empörung. Aufgenommen wurde das Video in einem deutschen Tierversuchslabor. Dieses führt auch Aufträge von Schweizer Pharma-Unternehmen durch, wie der «Kassensturz» berichtete.

In der Schweiz selbst werden auch Tierversuche durchgeführt – allerdings unter anderen Bedingungen. Denn die Schweiz hat vergleichsweise strenge Tierschutzgesetze.

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In der Schweiz fordert eine Initiative ein Verbot von Tierversuchen. (Symbolbild) - Keystone

Wie ist die Rechtslage zu Tierversuchen in der Schweiz?

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV schreibt auf seiner Webseite: «Tierversuche dürfen in der Schweiz nur durchgeführt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen.»

«Dies bedeutet insbesondere, dass zur Erreichung des Versuchsziels keine tierversuchsfreie Methode zur Verfügung stehen darf und der erwartete Erkenntnisgewinn des Tierversuchs die Belastung der Tiere überwiegen muss», erläutert Andreas Rüttimann von der Stiftung für das Tier im Recht.

Für die Haltung der Versuchstiere gelten darüber hinaus strenge Regeln, ebenso für die Forschenden, die mit den Tieren arbeiten. Alle Tierversuche müssen zudem bewilligt werden. Die Zusammensetzungen der zuständigen Tierversuchs-Kommissionen sind aber meist nicht ausgeglichen: Tierschützer sind stets in der Unterzahl.

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Der Schweizer Tierschutz STS ist die grösste und älteste Tierschutzorganisation der Schweiz. - Twitter/Schweizer Tierschutz

Für Tierärztin Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz ist dieses Prozedere ein zahnloser Papiertiger. Denn «die wissenschaftliche Fragestellung des Gesuchs ist so sehr fachspezifisch, dass fast kein Tierversuchskommissionsmitglied den Antrag auf die wissenschaftliche Fragestellung und den damit zu erzielenden Erkenntnisgewinn im Sinne einer echten Güterabwägung überprüfen kann. Schlussendlich muss man dem Forscher also einfach glauben».

Tierversuche für Kosmetika nicht zulässig

Die Mehrzahl der Tierversuche werden in der Schweiz durch Hochschulen und der Industrie durchgeführt. 2018 wurden gemäss des BLV in der Schweiz 958 Tierversuchsbewilligungen neu erteilt. Insgesamt wurden 3481 aktive Bewilligungen erfasst.

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Im vergangenen Jahr gab es weniger Tierversuche. - Keystone

Zu beachten ist allerdings noch Folgendes: «Tierversuche für Kosmetika sind in der Schweiz – wie auch in der EU – grundsätzlich nicht zulässig», so Rüttimann. Viele Kosmetika würden allerdings Bestandteile enthalten, die in anderen Zusammenhängen an Tieren getestet wurden.

Wie können sich Konsumenten informieren?

Die Schweizer App «Codeshare» zeigt auf, welche Inhaltsstoffe in Kosmetika und Lebensmittel enthalten sind. Ebenfalls zeigt sie an, ob diese mithilfe von Tierversuchen entwickelt wurden.

Das HCS-HHPS-Label (Human Cosmetics Standard - Humane Household Products Standard) kennzeichnet tierversuchsfreie Kosmetika. Die Schweizer Liga gegen Tierversuche und für die Rechte des Tieres (LSCV) hat auf ihrer Webseite eine entsprechende Liste aufgeschaltet.

Tierärztin: «Jede Substanz wird am Tier getestet»

Auch das Siegel «Leaping Bunny» kennzeichnet solche Produkte. Es ist das einzige, international gültige Siegel für Kosmetika, welche ohne Tierversuche hergestellt wird.

«Grundsätzlich müssen Konsumenten aber wissen: Es gibt keine einzige Substanz, keine einzige Chemikalie, keinen einzigen Wirkstoff, der nicht am Tier getestet wurde – das gilt auch für Lebensmittel-Zusatzstoffe beispielsweise oder für Farben, Lacke, Lösungen, Haushaltsmittel etc.», so Julika Fitzi.

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Grundsätzlich gäbe es keine einzige Substanz, die nicht am Tier getestet wurde, sagt Julika Fitzi vom Tierschutz Schweiz - Keystone
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