Nach Assad-Sturz: Nur 23 Syrer aus der Schweiz sind zurückgereist

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Zürich,

In Syrien ist die Situation auch nach dem Bürgerkrieg weiterhin angespannt. Entsprechend bewegen sich die Rückkehrzahlen aus der Schweiz auf tiefem Niveau.

Syrien
Demonstranten skandieren Slogans und schwenken die neue syrische Flagge am 13. Dezember 2024, während sie sich zum Freitagsgebet in einer Moschee in Damaskus versammeln. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Nur 23 Personen kehrten nach dem Assad-Sturz freiwillig nach Syrien zurück.
  • Die Rückkehr von Syrern aus der Schweiz hängt von Unsicherheit und Gewalt ab.
  • Rückkehrer können eine Pauschale von 1000 Franken pro Person beantragen.

Am 9. Dezember kam der Tag der Hoffnung: Syriens Diktator Baschar al-Assad wurde gestürzt.

Fast 24 Jahren war er an der Macht. Über 13 Jahre lang unterdrückte er sein Volk im Bürgerkrieg auf brutalste Art und Weise. Er massakrierte und folterte die Bürgerinnen und Bürger. Mehrfach setzte er sogar tödliches Giftgas ein.

Entsprechend gross war die Hoffnung nach dem Sturz. In den Strassen von Damaskus und Aleppo wurde gejubelt. Die Rebellen stürmten die Paläste und schleiften Assad-Statuen durch die Strassen.

Assad-Sturz wurde weltweit bejubelt

Und auch in der Schweiz wurde gefeiert. Im Dezember sagte der Verein Schweiz-Syrien zu Nau.ch: «Sein Sturz bringt die Hoffnung auf mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie zurück.»

Erste Syrerinnen und Syrer gaben an, die Schweiz nun verlassen zu wollen. «Zum Teil wollen sie wieder zurückgehen», sagte Syrer Delshad Mohammad aus Zürich damals zu Nau.ch.

Er selbst konnte sich höchstens Ferien vorstellen – er war seit 19 Jahren nicht mehr in seinem Heimatland. Doch selbst da war er skeptisch, für ihn galt: Abwarten, was weiter passiert.

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Dezember 2024: Syrer Delshad Mohammad aus Zürich freut sich, dass Assad weg ist. - Nau.ch/Nico Leuthold

So ging es auch vielen anderen Syrerinnen und Syrern in der Schweiz. Sie wollten die Situation aufgrund der grossen Unsicherheit nach der Übernahme der Rebellen abwarten.

Nach dem Sturz übernahm die islamistische HTS-Miliz das Sagen in Syrien.

«Deutlich mehr» nach Syrien zurückgekehrt als im Vorjahr

Über vier Monate nach dem Sturz zeigt sich tatsächlich: Nur eine kleine Minderheit ist nach Syrien zurückgekehrt.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) teilt auf Anfrage von Nau.ch mit: «Seit dem Sturz des Assad-Regimes sind 23 Personen freiwillig nach Syrien ausgereist.»

SEM-Sprecherin Magdalena Rast ordnet ein: «Dies sind deutlich mehr im Vergleich zur selben Vorjahresperiode.»

Zur Einordnung: Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs wurden in der Schweiz über 26'000 Asylanträge von Syrerinnen und Syrern gestellt.

Ende 2024 lebten rund 14'300 anerkannte Flüchtlinge aus Syrien in der Schweiz. Zusätzlich gibt es viele Syrerinnen und Syrer mit vorläufiger Aufnahme.

Gruppe HTS
Kämpfer der islamistischen militanten Gruppe HTS nehmen an einem Militärmanöver teil. (Archivbild) - Anas Alkharboutli/dpa

Ob syrische Staatsangehörige zurückkehren, hänge von verschiedenen Faktoren ab, sagt die SEM-Sprecherin. Darunter die Herkunftsregion, die ethnische und religiöse Zugehörigkeit sowie der soziale Status.

Syrien kämpft nach Assad-Sturz mit Unsicherheit und Gewalt

Zu den wichtigsten Gründen, weshalb syrische Staatsangehörige im Ausland mit einer Rückkehr nach Syrien zuwarten, gehören laut Rast: «Die anhaltende politische Unsicherheit und Instabilität.»

Diese ist je nach Region mehr oder weniger stark ausgeprägt. Dazu gehören die fortdauernde Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Armut, grossflächig zerstörte Infrastruktur und Wohnviertel sowie unsichere humanitäre Versorgung.

Auch zerrissene soziale Netzwerke durch den Bürgerkrieg können von einer Rückkehr abhalten.

Verfolgst du die Geschehnisse in Syrien nach dem Assad-Sturz?

Für Erschütterung sorgt derweil eine neue Welle der Gewalt im März. Innerhalb weniger Tage wurden laut Menschenrechtsorganisationen über 1000 Menschen der religiösen Minderheit der Alawiten getötet, darunter viele Zivilisten.

Immer wieder kommt es zudem zu Kämpfen und Angriffen in Syrien. Im Land gibt es nach wie vor verschiedene bewaffnete Gruppen.

Assad
Assad und seine Frau Asma im Jahr 2010. - keystone

Während die HTS-Übergangsregierung den Grossteil des Landes kontrolliert, haben im Norden die Türkei und verbündete Milizen das Sagen.

Was erwartet das SEM in den kommenden Monaten?

Sprecherin Magdalena Rast sagt: «Die Rückkehrbereitschaft der Syrerinnen und Syrer hängt von den Entwicklungen im Heimatstaat ab. Hier sind die Sicherheitslage und die wirtschaftlichen Möglichkeiten für Rückkehrer entscheidend.»

Rückkehrer können finanzielle Unterstützung beantragen

Die Syrerinnen und Syrer können bei ihrer Rückkehr Unterstützung der Schweizer Behörden beantragen.

Personen aus dem Asylbereich können dabei neben Beratung und Organisation der Rückkehr auch eine Pauschale von maximal 1000 Franken erhalten. Bei Kindern beträgt sie 500 Franken.

Bei besonderen Reintegrationsbedürfnissen wie Berufs- und Wohnraumbedarf, Härtefällen und grossen Familien können Kantone eine zusätzliche Hilfe von 5000 Franken aussprechen.

Ein länderspezifisches Rückkehrprogramm betreibt die Schweiz aktuell nicht – auch nicht für Syrien.

Das SEM stellt aber in Aussicht: «Die Schweiz wird Rückkehrprogramme künftig vermehrt mit Europa koordinieren. Und sich die Option offenhalten, sich europäischen Rückkehrprogrammen anzuschliessen.»

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