Philippinische Angestellte sollen zwei Dekaden lang von pakistanischen Diplomaten missbraucht worden sein. Nun haben sie Anzeige erstattet.
Amerikanerin wegen Mordes verurteilt.
Ein Gerichtssaal. (Symbolbild) - pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Genf haben missbrauchte Arbeiter bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet.
  • Über 20 Jahre sollen sie teilweise ohne Bezahlung bei Diplomaten gearbeitet haben.

In Genf sollen philippinische Angestellte zum Teil seit mehr als 20 Jahren teilweise ohne Bezahlung bei pakistanischen Diplomaten gearbeitet haben. Nun sind sie an die Öffentlichkeit getreten und haben den Missbrauch bei der Genfer Staatsanwaltschaft angezeigt.

Mirella Falco von der branchenübergreifenden Gewerkschaft SIT sagte am Donnerstag vor Journalisten in Genf: «Sechs Hausangestellte kamen im März über ein Kollektiv von Migranten ohne Papiere zu uns.» Diese Frauen hätten die Philippinen verlassen, weil ihnen die pakistanische Uno-Botschaft ein menschenwürdiges Leben in Genf versprochen habe. Dazu gehörten ein Gehalt, ein Dach über dem Kopf und eine Sozialversicherung.

Bei der Ankunft habe die Realität aber ganz anders ausgesehen. Die Frauen mussten sich laut Falco verpflichten, mehr als zehn Stunden pro Woche unentgeltlich zu arbeiten.

Aus Angst geschwiegen

Um ihre Grundbedürfnisse zu decken, hätten sie zusätzlich für andere Leute arbeiten müssen. Im Gegenzug erhielten sie laut der Gewerkschaft eine sogenannte Legitimationskarte. Diese händigen Diplomaten ihren Angestellten aus und wird von der Schweizer Vertretung ausgestellt.

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Mit der Verrechnungssteuer-Reform sollen Bund, Kantone und Unternehmen Zinskosten einsparen. (Symbolbild) - Keystone

Aus Angst, ihren Aufenthaltsstatus zu verlieren, hätten diese Hausangestellten jahrzehntelang geschwiegen. Im Falle einer Entlassung hätten sie zwei Monate Zeit gehabt, einen anderen diplomatischen Arbeitgeber zu finden. Notfalls wäre ihnen nichts anderes übrig geblieben, als sich wieder zu verstecken oder in ihr Land zurückzukehren, sagte Falco.

Die erlittenen Demütigungen und der Verlust ihres Einkommens durch die Pandemie hätten die Betroffenen in noch grössere Not gebracht. Einige von ihnen seien erkrankt. Aus diesem Grund hätten einzelne Betroffene beschlossen, in der Sendung «Mise au point» des Westschweizer Radios und Fernsehens RTS auszusagen.

«Straftaten schwerwiegend»

Über die Gewerkschaft SIT hätten sich die Betroffenen auch an die Bundesratsmitglieder Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis gewandt. In ihrem Brief prangerten sie die erlittenen Missbräuche an und bitten die Schweiz um Schutz. Die Behörden müssten Massnahmen ergreifen, um den Praktiken ein Ende zu setzen. Insbesondere durch eine Verbesserung der Bundesverordnung, die Arbeitsbedingungen und Aufenthaltsgenehmigungen in der diplomatischen Welt festlegt.

Genf
Die Digitalisierung der Politik soll in Genf weiterhin gefördert werden. - Keystone

«Die Straftaten sind äusserst schwerwiegend», sagte die Anwältin Céline Moreau, die zwei der betroffenen Frauen verteidigt. Es bestehe der Verdacht auf Nötigung, Wucher und sogar Menschenhandel. Die Anwältin hofft, dass nach der Einreichung der Anzeigen bei der Genfer Staatsanwaltschaft Untersuchungen durchgeführt werden.

Noch keine Reaktion der kantonalen Behörden

Die Hausangestellten haben nach Gewerkschaftsangaben am 19. Mai auch eine Anhörung durch die Genfer Staatsratsmitglieder Nathalie Fontanet und Mauro Poggia beantragt. Ihr Anliegen war es, Zeugnis von der erlittenen Ausbeutung abzulegen.

Ausserdem erhofften sie sich Unterstützung des Kantons bei ihrem Wunsch um Regularisierung ihres Aufenthaltsstatus in Bern. Auch eine Entschädigung gemäss internationalen Konventionen und Schweizer Rechtsvorschriften.

Bislang sei eine Reaktion der kantonalen Behörden ausgeblieben, kritisiert die Gewerkschaft SIT und spricht von Geringschätzung. Die Bundesbehörden dagegen hätten den Empfang des Schreibens 15 Tage später bestätigt und Kontakt mit den Hausangestellten aufgenommen.

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