Massentests in den Kantonen - zwischen Neuland und Routine
Das Wichtigste in Kürze
- Seit drei Wochen übernimmt der Bund Kosten für Massentests der Kantone.
- Damit soll die Verbreitung der neuen Corona-Varianten verhindert werden.
Eine Test-Offensive soll verhindern, dass sich die neuen Varianten des Coronavirus in der Schweiz weiter ausbreiten. Der Bund übernimmt die Kosten, die Kantone müssen nun Konzepte präsentieren: Die einen erkunden Neuland, für andere ist es bereits Routine.
Seit dem 28. Januar übernimmt der Bund die Kosten der Analysen von Covid-19-Tests, die zum Schutz von besonders gefährdeten Personen oder in gezielten Gruppen in Situationen mit erhöhtem Übertragungsrisiko durchgeführt werden. Gesundheitsminister Alain Berset hat die Empfehlung von Massentests damit begründet, dass sich die epidemiologische Lage zu langsam verbessere und die Ausbreitung der neuen Virusvarianten Sorge bereite.
«Es ist kein Wundermittel, aber ein wichtiger Pfeiler für eine gute Entwicklung der Situation», sagte Berset am Mittwoch in der Sendung «Rundschau» von Fernsehen SRF. Obwohl im vergangenen Dezember die Kriterien für die Tests gelockert worden seien, wurde dies zu wenig genutzt.
Vorbild Graubünden
«Indem der Bund die Kosten übernimmt, haben wir einen Anreiz schaffen wollen», sagte Berset. Eine Milliarde Franken werden zur Verfügung stehen. Er hoffe, dass es jetzt sehr rasch gehe und in Altersheimen, Schulen und Betrieben flächendeckend getestet werde. Es sei logistisch eine unheimliche Übung. Die ganze Bevölkerung regelmässig zu testen, sei aber nicht realistisch. «Wir machen zurzeit rund 30'000 Test pro Tag », erklärt Berset.
Vorbild für die Strategie der Massentests ist der Kanton Graubünden. Nachdem flächendeckende Tests in Schulen und Hotels mit gehäufter Ausbreitung von Virusvarianten durchgeführt wurden, sind Ende Januar in den Unternehmen Massentests angelaufen.
Laut Angaben des Kantons haben sich bisher bereits 575 Betriebe mit insgesamt 29'000 Mitarbeitern beim Kanton für solche Tests angemeldet. Rund 400 Unternehmen mit über 14'100 Mitarbeitenden haben mit den Tests begonnen. Inzwischen wurden 11'000 Proben ausgewertet, davon waren 15 positiv. Anfang August werden auch noch flächendeckende Schultestungen ausgerollt. Diese sind freiwillig.
Immer mehr Kantone verstärken Bemühungen für präventive Massentests
Im Kanton Thurgau haben sich die Behörden und der Branchenverband Curaviva auf eine Teststrategie in Pflegeinstitutionen geeinigt. Nach einem Pilotversuch im Alterszentrum Park in Frauenfeld sollen diese Woche mehrere Pflegeheime mit präventiven Tests des Personals und der Bewohnenden beginnen.
Eine Umfrage von Curaviva bei den Mitgliedern habe gezeigt, dass 50 Prozent der Pflegeheime solche Tests umsetzen, weitere 30 Prozent dies prüfen wollten, sagt Marlene Schadegg, Präsidentin von Curaviva Thurgau, auf Anfrage von Keystone-SDA. Sie geht davon aus, dass in rund zwei Wochen alle interessierten Heime die Tests organisieren könnten.
Immer mehr Kantone verstärken ihre Bemühungen für präventive Massentests. Bis vor einer Woche haben rund zehn Stände ein Konzept beim BAG eingereicht. Die Spucktests und die gepoolten Speichel-PCR-Tests können die Heime in Eigenregie durchführen.
«Um die knappen Ressourcen der Labore zu schonen, sind ausschliesslich gepoolte Reaktionen mit einer minimalen Grösse von vier Proben pro Pool zugelassen», erklärt Schadegg. Sie nennt ein Beispiel: Ein Heim sendet 100 Einheiten an ein Labor. Dieses nimmt die Hälfte der Matrix von jeweils vier Einheiten, mischt diese und wertet sie aus.
Analyse der Massentests
Ist ein Pool positiv, wird die zweite Hälfte der Matrix einzeln untersucht und herausgefunden, welche der vier Personen des Pools positiv sind. «Habe ich 100 Einheiten und nur einen positiven Mitarbeiter ist die Zeitersparnis natürlich immens», so Schadegg.
Doch sind die Labors überhaupt in der Lage, die zusätzlichen Analysen der Massentests abzudecken? Die LMZ Dr Risch Gruppe gehört mit ihren rund 600 Mitarbeitenden an 16 Standorten zu den grössten Dienstleistern der Labormedizin in der Schweiz. «In den letzten zwölf Monaten haben wir gegen 400'000 PCR-Analysen durchgeführt», sagt Lorenz Risch, CMO der Gruppe, auf Anfrage von Keystone-SDA.
Pro Tag kann die Gruppe rund 10'000 Proben analysieren. Die Pandemie habe dazu geführt, dass das Familienunternehmen seine labormedizinischen Ressourcen erhöhen musste. Seit Ausbruch der Pandemie ist der Personalbestand um rund 15 Prozent erhöht worden.
Das Unternehmen habe sich von langer Hand auf die Erledigung der Massentests vorbereitet, sagt Risch: «Wir könnten bis zu 25 Prozent der Massentests abdecken.» In Graubünden sei man bereits in die Betriebstestungen involviert. «Das Pooling von Speicheltests ist inzwischen Routine», so der Laborchef.