Längst nicht nur Oberstufenschüler machen den Lehrerinnen und Lehrern das Leben schwer. Bildungsexperten schlagen Alarm und es bildet sich Widerstand.
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Eine verzweifelte Lehrerin in einem Klassenzimmer - kein seltenes Bild in Schweizer Schulen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bereits in der Primarschule und auch im Kindergarten gibt es verhaltensauffällige Kinder.
  • Laut Experten leiden diese an einem «Erziehungsdefizit» und fallen deshalb negativ auf.
  • In verschiedenen Kantonen formiert sich Widerstand gegen den Terror im Klassenzimmer.
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Bis vor kurzem vermutete man die schwierigen Schülerinnen und Schüler vor allem in den Klassen der Oberstufe. Doch jetzt warnen Lehrerinnen und Lehrer in einem Bericht der «Sonntagszeitung»: Der Terror im Klassenzimmer zieht sich durch alle Stufen. Jean-Michel Héritier, Präsident des Basler Lehrerverbandes, meint etwa: «Gewalt geht heute mehrheitlich schon von den jüngsten Kindern aus.»

Ähnlich klingt es im Kanton Aargau. Immer mehr die jüngeren Kinder, «wir reden vom Kindergarten und den ersten Primarklassen», seien verhaltensauffällig, sagt Philipp Grolimund, Co-Präsident des Verbands der Schuleiterinnen und -leiter im Kanton Aargau. Er spricht Klartext: «Heute rasten schon Vierjährige aus.»

Braucht es wieder spezielle Sonderklassen für verhaltensauffälige Schülerinnen und Schüler?

Es gehe oft um «Erziehungsdefizite», fährt der Experte fort. An den Schulen sei man zunehmend mit Erziehungsfragen statt mit Lehren beschäftigt. «Viele Kinder sind es gewohnt, zu Hause im Mittelpunkt zu stehen, alles muss sich um sie drehen.» Sie kämen dann nicht klar damit, eine Lehrperson mit «24 Gspäändli» teilen zu müssen. Zudem würden sie für vieles eine Belohnung erwarten.

Grolimund führt aus, dass diese Kinder «nicht schulfähig seien». Sie hätten eine äusserst kleine Frustrationstoleranz, würden einfach davonlaufen, wenn ihnen etwas nicht passe. «Sie werfen Sachen durch das Zimmer, schlagen andere Kinder oder machen fremde Spielsachen kaputt.» Solches Verhalten habe zugenommen und könne bis zu Schulausschlüssen führen.

In den Kantonen formiert sich Widerstand

In mehreren Kantonen formiert sich nun Widerstand gegen den Terror im Klassenzimmer. Im Kanton Aargau prüft das Bildungsdepartement laut dem Bericht derzeit etwa die Einführung von Sonderplätzen für «Schüler mit sozialen Beeinträchtigungen». So werden Verhaltensauffällige im Fachjargon genannt. Wie dieses Setting genau aussehen werde, ist laut Philipp Grolimund noch offen.

Lehrer Schüler Schweiz
In den Kantonen regt sich Widerstand gegen den Terror im Klassenzimmer (Symbolbild). - Getty

Auch im Kanton Thurgau wurde eine Arbeitsgruppe zum Umgang mit Problemschülerinnen und -schülern eingesetzt. In Basel-Stadt geht der Lehrerverband währenddessen mit einer kantonalen Volksinitiative auf die Barrikaden. Es sollen Förderklassen für schwierige Kinder geschaffen werden. Auch im Kanton Schaffhausen wurde dazu ein Vorstoss eingereicht, das Berner Parlament peilt das gleiche Ziel an.

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