Jürg Lauber und sein Leben in Weiten des Multilateralismus

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Genève,

Jürg Lauber übernimmt im Januar mit 61 Jahren den Vorsitz des UN-Menschenrechtsrats und krönt damit eine zwei Jahrzehnten andauernde Karriere.

Jürg Lauber
Jürg Lauber will kühle Besonnenheit als Präsident des UN-Menschenrechtsrats bewahren. - KEYSTONE/Salvatore Di Nolfi

Der Zuger Jürg Lauber hat bereits zwei Jahrzehnte damit verbracht, die Schweiz in den Gremien des Multilateralismus zu verteidigen. Wenn er im kommenden Januar im Alter von 61 Jahren den Vorsitz des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen übernimmt, wird er eine Karriere krönen, die er «ein bisschen zufällig» begonnen hat.

Zunächst war es die Armee, die ihn vor über 30 Jahren in die Arme des multilateralen Systems trieb. Als er sein Jurastudium an der Universität Zürich abschloss, war sich Lauber nicht sicher, ob er Anwalt werden wollte. Trotz eines Interesses an internationalen Fragen dachte er damals auch nicht daran, Diplomat zu werden, sagte der aktuelle Schweizer Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN) in Genf zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Diplomatenleben zwischen militärischer und multilateraler Zusammenarbeit

Eine günstige Gelegenheit brachte Lauber Ende der 1980er-Jahre zur Schweizer Gesandtschaft innerhalb der Unterstützungsgruppe der UN für den Übergang in Namibia. Als Logistikoffizier der Armee begleitete er die ersten Schritte des neuen afrikanischen Staates in dieser Friedenstruppe. Für Lauber war dies eine Offenbarung: «Diese fünf Monate waren aussergewöhnlich», sagte er.

Vor allem wegen der engen Zusammenarbeit mit den Blauhelmen aus zahlreichen Ländern. Es folgte eine Erfahrung im Schweizer Detachement der «Neutral Nations Supervisory Commission in Korea» (NSSC), wo er sich, immer noch Soldat, mit der Funktionsweise des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vertraut machte. Seitdem hat er, abgesehen von einigen Anfangspositionen unter anderem in der chinesischen Hauptstadt Peking, vor allem im multilateralen Ökosystem gearbeitet.

Der Migrationspakt und die politische Kontroverse

«Meine erste Idee war eher die traditionelle bilaterale Diplomatie, also in ein Land geschickt zu werden, um die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Interessen des Landes zu vertreten», sagte Lauber. Doch der Multilateralismus wurde spätestens dann zu einer Selbstverständlichkeit, nachdem er eine erste Erfahrung als Rechtsberater bei der Schweizer UN-Mission in New York gemacht hatte.

In der Folge kletterte er die Karriereleiter nach oben, war zwischen 2011 und 2015 im EDA Leiter der Abteilung «Vereinte Nationen und internationale Organisationen» und anschliessend Chef der Schweizer UN-Mission in New York. Lauber, für seine Bescheidenheit und pragmatische Arbeitsweise bekannt, sorgte 2018 unfreiwillig für viel Gesprächsstoff in der Schweizer Politik.

Damals leitete er zusammen mit seinem mexikanischen Amtskollegen die Verhandlungen in New York über einen globalen Migrationspakt. Als dieser abgeschlossen werden sollte, verzichtete die Schweiz auf Druck des Parlaments darauf, sich dem Abkommen anzuschliessen. Die SVP stellte den Botschafter gar als Vaterlandsverräter dar.

Lauber strebt ruhige, aber entschlossene Führung

Heute hegt der Zuger deswegen aber keinen Groll mehr. «Ich habe meine Arbeit gemacht. Das Parlament tut das seine. Das ist Vergangenheit», so Lauber.

Im September 2020 wurde Lauber Leiter der Schweizer UN-Mission in Genf und behielt bis 2021 auch noch den Vorsitz der ersten UN-Arbeitsgruppe über die Entwicklung neuer Technologien im Rahmen der internationalen Sicherheit. «Drei Jahre später sind die Herausforderungen in dieser Frage noch dringlicher geworden. Damals wurde kaum über künstliche Intelligenz gesprochen», so Lauber.

In seiner bevorstehenden Amtszeit als Vorsitzender des UN-Menschenrechtsrats möchte er keine grossen Wellen schlagen. «Es ist eine Ehre und eine grosse Verantwortung, aber vor allem ist es eine Gelegenheit, unser Engagement im Rat zu verstärken», betonte er.

Kühle Besonnenheit bewahren

Obwohl er oft ruhig ist, kann der Mann, der Bergwanderungen, Spaziergänge am Genfer- oder Zugersee und auch die Musik liebt, auch mal mit der Faust auf den Tisch schlagen. So wie zur Zeit eines Berichts der UN-Arbeitsgruppe für Menschen afrikanischer Abstammung, der zum Schluss kam, dass es in der Schweiz systemischen Rassismus gebe. Der Botschafter hatte die Irritation der Schweizer Behörden zum Ausdruck gebracht, denen diese Kritik wenig schmeckte.

«Jedes Land hat die gleiche Reaktion. Wenn es kritisiert wird, neigt es dazu, den Ernst der Lage herunterzuspielen. Man muss diese Berichte mit kühlem Kopf betrachten», so Lauber. Diese Haltung will er auch im nächsten Jahr bewahren, wenn er im UN-Menschenrechtsrat als Präsident die Diskussionen leitet.

Kommentare

User #5133 (nicht angemeldet)

…nicht zu verwechseln mit „Michael Lauber“ dessen Karriere beendet ist…!

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