Letzten Oktober sorgte das «T-Shirt der Schande» für Aufsehen. Nun wird an Berner Schulen über Kleidervorschriften diskutiert. Ein Jugendpsychologe ordnet ein.
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Jugendpsychologe Allan Guggenbühl sprach mit Nau.ch über Kleidervorschriften an Schulen. - unsplash / allanguggenbuehl.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kleiderverordnungen an Berner Berufsschulen geben zu diskutieren.
  • Bereits letzten Oktober protestierten Schüler in Genf gegen das «T-Shirt der Schande».
  • Jugendpsychologe Allan Guggenbühl hält Kleiderregeln grundsätzlich für sinnvoll.
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Vergangenen Oktober gingen in Genf Schülerinnen des Kollegiums Pinchat auf die Strasse, um gegen einen aus ihrer Sicht «sexistischen Dresscode» zu protestieren. Die Kleiderordnung solle aufgehoben werden, mitunter das «T-Shirt der Schande».

Genf Kleidung Schule
Schülerinnen protestierten in Genf gegen den Dresscode. - Keystone

Es entbrannte eine hitzige Debatte um den Dresscode, in welcher sich Politiker, Lehrer und Eltern einschalteten. Die Schule im bauchfreien Oberteil zu besuchen, war für die einen schon zu viel, für die anderen überhaupt kein Problem. Der Schülerprotest erhielt Rückdeckung von der obersten Lehrerin der Schweiz.

Die Kantone Genf und Waadt schufen daraufhin das «T-Shirt der Schande» ab. Das XXL-Shirt wurde Schülerinnen übergestülpt, welche in den Augen der Lehrer zu aufreizend gekleidet waren.

Probleme auch in Bern

Mittlerweile ist die Diskussion auch in der Bundesstadt angelangt. Frisch Ausgebildete des Gesundheitsbereichs wehren sich nun gegen bestehende Kleidervorschriften an Berner Berufsschulen. Die ehemaligen Schülerinnen zeigen Nau.ch, für welche Outfits sie gerügt worden waren.

kleriderordnung
Mia* wurde wegen ihres Einteilers von ihrer Lehrerin zurechtgewiesen. Das Kleidungsstück sei zu aufreizend, so das Argument.
kleiderordnung
Wegen dieses Oberteils bekam Mia* einen Verweis beim ÜK.

Gemäss den Richtlinien der einen Schule war ein Einteiler von Mia* (19) «zu freizügige oder provozierende Mode». Für das bauchfreie Oberteil kassierte die damalige Schülerin in einem Kurs gar einen Verweis.

«Lehrpersonen haben ganz eigene Vorstellung von passender Schulkleidung»

Gehen solche Massnahmen schon zu weit oder ist eine Kleidervorschrift völlig legitim? Jugendpsychologe Allan Guggenbühl ordnet die Diskussion um die Kleiderordnung an Schulen auf Anfrage von Nau.ch ein.

Jugendpsychologe Allan Guggenbühl.
Der Zürcher Jugendpsychologe Allan Guggenbühl. - zVg

Ein Grossteil der Schulen in der Schweiz verfüge über eine Kleidervorschrift. «Kleiderregeln an Schulen sind sinnvoll», so der Psychologe, da es sich um einen halböffentlichen Bereich handle. Hier gäbe es gewisse Grenzen einzuhalten: «Schülerinnen und Schüler können nicht einfach in Bikinis oder Badehosen zur Schule gehen», so der Psychologe überspitzt.

Ob diese Grenze schon bei bauchfreien Tops oder Trainerhosen beginne, dürfe schlussendlich jede Schuldirektion für sich selbst entscheiden. «Lehrpersonen haben ihre ganz eigene Vorstellung von passender Schulbekleidung», so der Jugendpsychologe.

Jugendliche suchen mit Kleidung ihre Identität

Auf der anderen Seite stehen die Schüler. Guggenbühl: «Jugendliche orientieren sich an der Mode, suchen mit der Kleiderwahl ihre eigene Identität.» Dabei wollen sie auch auffallen, sich von der Masse abheben und dies versuchen sie natürlich auch mit der Provokation.

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Eine Schülerin trägt ein bauchfreies Oberteil. - unsplash

Eine Schuluniform, wie es in Grossbritannien an Schulen üblich ist, könne einer wichtigen Identitätsfindung im Weg stehen. «Schuluniformen sind nicht Teil der Schweizer Kultur», sagt Guggenbühl.

Sind Kleidervorschriften noch zeitgemäss?

Lehrpersonen ratet Guggenbühl, das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zu suchen, um einen gemeinsamen Konsens zu finden. «Lehrer müssen klar die Grenzen aufzeigen, dass beispielsweise Jogginghosen, bauchfreie Oberteile oder provokative Sprüche nichts in der Schule verloren haben.»

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