Japanischer Regisseur Sho Miyake gewinnt Hauptpreis in Locarno
Das japanische Drama «Tabi to Hibi» hat den Pardo d'Oro am 78. Locarno Film Festival gewonnen. Dabei setzte sich der Film gegen 17 weitere Filme durch.

Das japanische Drama «Tabi to Hibi» («Two Seasons, Two Strangers») des Regisseurs Sho Miyake hat am 78. Locarno Film Festival den Hauptpreis geholt. Im Wettbewerb «Cineasti del Presente» wurde der Hauptdarsteller im Film «Don't Let The Sun» der Zürcher Filmemacherin Jacqueline Zünd prämiert.
Der Film von Drehbuchautor und Regisseur Sho Miyake besteht aus zwei eigenständigen Handlungssträngen, die je auf einer Manga-Kurzgeschichte des Zeichners Yoshiharu Tsuge basieren.
So nimmt die eine Erzählung mit in den Sommer, ans Meer. Hier beobachten Zuschauende eine sinnliche Begegnung der Figuren Nagisa and Natsuo.
Die zweite Handlung nimmt mit in den Winter, in ein verschneites Dorf. Dort trifft die Drehbuchautorin Li auf Benzo, der ein Gästehaus betreibt.
Zweifache Auszeichnung für «White Snail»
Während eine Begegnung des Films wortkarg ist, löst die zweite bei Li eine Lebensreflexion aus. Mit dem Pardo d'Oro hat sich «Tabi to Hibi» gegen 17 weitere Filme durchgesetzt, die am 78. Locarno Film Festival im Internationalen Wettbewerb zu sehen waren.
In dieser Sektion wurde unter anderem auch der Preis für die beste Regie vergeben. Dieser geht an den irakisch-französischen Regisseur Abbas Fahdel für den Film «Tales of the Wounded Land» über den südlibanesischen Alltag im und nach dem Krieg.
Die Preise für die beste schauspielerische Leistung gehen an Manuela Martelli und Ana Marija Veselčić im Film «God Will Not Help» und Marya Imbro und Mikhail Senkov für «White Snail». Letzterer Film ist eine österreichisch-deutsche Koproduktion von Elsa Kremser und Levin Peter.
Erste Auszeichnung für Jacqueline Zünd
Das Drama holte in Locarno auch den Spezialpreis der Jury, der mit 30'000 Franken dotiert ist. In «White Snail» spielt Marya Imbro eine junge Belarussin, die suizidal ist und von einer Modelkarriere träumt.
Als sie im Spital liegt, beobachtet sie Misha, gespielt von Mikhail Senkov, der im Leichenschauhaus arbeitet. Seine Tätigkeit so nahe am Tod fasziniert sie besonders.
Es entsteht die Liebesgeschichte zweier Randfiguren, über die stets Traurigkeit schwebt.
In der Sektion «Concorso Cineasti del Presente» konkurrierten 15 Spielfilm-Erstlinge oder -Zweitlinge um einen Goldenen Leoparden. Die Sektion zeigte Filme, die sich mit einer innovativen oder erfrischenden Filmsprache aktuellen und wichtigen Themen stellen.
Schweizer Talent erhält Anerkennung
Hier war auch der erste fiktionale Film «Don't Let The Sun» der Zürcher Drehbuchautorin und Regisseurin Jacqueline Zünd zu sehen.
Zwar reichte es für die schweizerisch-italienische Produktion nicht für den Goldenen Leoparden der Kategorie «Cineasti del Presente». Immerhin aber für den Preis für die beste schauspielerische Leistung.
Diese geht an den georgischen Darsteller Levan Gelbakhiani, der in Zünds dialogarmen Drama die Figur des stillen Jonah verkörpert. Dieser simuliert die Vaterrolle der neunjährigen Nika, im Auftrag ihrer Mutter.
Im atmosphärischen Drama, das auf Stimmungsbilder setzt, ist die Umwelt so zerstört, dass die Menschen nicht mehr in der Lage sind, sich richtig Nähe zu geben.
Locarno Film Festival endet mit Starbesuch
Soziale Beziehungen wirken kalt in der unerträglich heissen Stadt, in der der Film spielt.
Den Preis für den besten Film dieser Sektion («Cineasti del Presente») holte der Film «Tóc, giấy và nước...» – auf Englisch: «Hair, Paper, Water...». Der belgisch-französisch-vietnamesische Film von Nicolas Graux und Trương Minh Quý ist eine Aufarbeitung der Erinnerungen einer alten Frau.
Das Drama, das in einem dokumentarischen Stil erzählt wird, setzt sich auch mit der Bewahrung alter Sprachen auseinander.
Mit den Verleihungen der Preise ist das 78. Locarno Film Festival fast zu Ende gegangen. Es war eine heisse, schwüle Ausgabe, bei dem der Kinosaal meistens ein guter Ort nicht nur für Filmentdeckungen, sondern auch für eine Abkühlung war.
Mit Stars wie Willem Dafoe, Emma Thompson oder Lucy Liu waren es nicht nur die filmischen Werke, die das Publikum ans Festival lockten.
Zum Teil waren Fans angereist, um ihr Idol zu sehen, etwa, als Martial-Arts-Legende Jackie Chan am Samstag für sein Lebenswerk geehrt wurde. Er sorgte auch am Sonntag an einem öffentlichen Gespräch für unterhaltsame Action. Da holte er jeweils weit aus nach den Fragen des künstlerischen Festivalleiters Giona A. Nazzaro, stand immer wieder auf und erzählte mit Kampfgesten und -lauten von Momenten seiner Karriere.