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Italo-Wasser in Beiz? Schweizer Mineral-Präsidentin nervts

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Sissach,

Italienisches Mineralwasser ist vielerorts Standard. Eine Schweizer Mineral-Präsidentin kritisiert diese Praxis – und erntet neben Zustimmung auch Gegenrede.

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San Pellegrino und Co. sind in vielen italienischen Restaurants Alltag. Damaris Armbruster, Verwaltungsratspräsidentin der Mineralquelle Eptingen, hätte lieber Schweizer Wasser. - pexels/Linkedin

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Schweizer Mineral-Präsidentin kritisiert italienisches Wasser in Restaurants.
  • Unterschiede im Geschmack von Mineralwasser gebe es durchaus, erklärt ein Wassersommelier.
  • Daraufhin entfacht eine Diskussion über Herkunft und Qualität von Wasser in der Gastro.

Ob San Pellegrino (sprudelnd) oder Acqua Panna (still): Zu Pizza oder Pasta beim Italiener gehört für viele italienisches Mineralwasser. Und das, obwohl die Schweiz als Wasserschloss Europas gilt.

Eine, die sich darüber ärgert, ist Damaris Armbruster.

In vierter Generation führt sie gemeinsam mit ihrem Mann die Mineralquelle Eptingen im Kanton Basel-Landschaft. Sie amtet als Verwaltungsratspräsidentin und Marketing-Chefin.

Damaris Armbruster
Damaris Armbruster entfacht auf Linkedin eine patriotische Diskussion über Wasser. - Screenshot Linkedin

Auf Linkedin schreibt Armbruster: «Italienisches Restaurant in der Schweiz? Natürlich! Aber italienisches Wasser dazu? Blödsinn.»

Das Argument: «In einem thailändischen Restaurant erwartet niemand Wasser aus Bangkok – und jeder wüsste sofort, weshalb das unsinnig wäre.»

Wasser-Patriotismus geht viral

Wasser müsse man nicht importieren, wenn wir es in «bester Qualität vor unserer Haustür» haben, schreibt Armbruster weiter.

Der Beitrag geht auf Linkedin viral. Über 800 User stimmen in den Wasser-Patriotismus mit einem Like ein.

Doch was macht die Eptinger-Präsidentin, wenn sie ein ausländisches Wässerli serviert bekommt? «Ich trinke es natürlich», sagt sie auf Anfrage von Nau.ch.

Aber: «Innerlich denke ich: ‹Wie schade – hier gäbe es doch so gute Schweizer Alternativen.›»

Doch gehört ein italienisches Wasser in einer Pizzeria nicht einfach zum Ambiente?

«Ambiente entsteht für mich durch Herzlichkeit, Atmosphäre und gute Gastgeber. Nicht durch den Herkunftsort des Wassers auf dem Tisch», erwidert Armbruster. Ein Schweizer Mineralwasser könne das italienische Lebensgefühl «wunderbar ergänzen».

Mineralwässer schmecken nicht alle gleich

Im Geschmack von Wasser gibt es tatsächlich Unterschiede, wie Wassersommelier Werner Koch weiss.

«Mineralwässer unterscheiden sich im Geschmack hauptsächlich durch ihre unterschiedliche Mineralisierung, die von den durchflossenen Gesteinsschichten abhängt», sagt er zu Nau.ch.

Schmeckst du zwischen verschiedenen Wässern einen Unterschied?

Während Kalzium einen trockenen, leicht bitteren Geschmack verursache, führe Magnesium zu einer bitteren oder süsslichen Note. In Verbindung mit Chlorid könne Magnesium sogar salzig schmecken.

«Auch der Kohlensäuregehalt beeinflusst das Geschmackserlebnis, indem er ein prickelndes und säuerliches Gefühl hervorruft. Sulfat wiederum macht das Wasser sehr weich im Empfinden», sagt er.

Doch nicht jedermanns Gaumen erkennt die Unterschiede gleich gut: «Das Schmecken, bis zur Blinddegustation mit Erkennen der Marke, lernen Wassersommeliers in der Ausbildung. Es erfordert ein ausgeprägtes Gefühl für Sensorik und permanente Übung», so Koch.

«San Pellegrino macht die Italianità aus»

Wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung ist jedes Mineralwasser unterschiedlich. Entsprechend ist italienisches Wasser nicht das gleiche wie Schweizer.

«Ebenso verhält es sich bei den Schweizer Mineralwässern. Rhäzünser schmeckt nicht wie Elmer, Valser nicht wie Eptinger», weiss der Sommelier.

Koch weiss, wieso viele italienische Restaurants in der Schweiz auf San Pellegrino und Co. setzen: «Das macht sicher die Italianità aus, die man mit der Nummer 1 im italienischen Getränkemarkt verbindet.»

San Clemente
San Clemente böte Schweizer Italianità. - Screenshot Lidl

Allerdings gebe es auch einen Mangel an Schweizer Mineralwässern südlichen Ursprungs. «Zwar verfügt das Tessin über einige Getränkehersteller, diese setzen aber primär auf Limonaden und Süssgetränke – nicht auf natürliches Mineralwasser.»

Einzige Ausnahme sei das San Clemente aus der Region Monte Tamaro. «Dieses ist nicht besonders mineralstoffreich, was es sehr leicht und bekömmlich macht. Es passt zu den meisten Speisen. Leider ist es nicht sehr bekannt.»

Zum italienischen Marktführer sagt Koch: «San Pellegrino ist ein hoch mineralisierter, hervorragender Durstlöscher, zum Beispiel zum Aperitif oder nach dem Essen. San Clemente wäre ideal zum Essen, die beiden würden sich sehr gut ergänzen.»

Die Beliebtheit des ersteren Wassers erklärt er sich so: «Italienische Betreiber kennen die Schweizer Mineralwässer generell wohl kaum. Zudem wird San Pellegrino durch den internationalen Konzern Nestlé grossflächig vermarktet.»

Ausländisches Wasser oft «spottbillig» angeboten

Entsprechend könne der die Haltung von Eptinger-Präsidentin Damaris Armbruster gut verstehen. «Weshalb importieren, was vor der Haustür sprudelt?», so Koch. «Es wäre ein Leichtes für einen Gastrobetrieb, hier die Regionalität in den Vordergrund zu rücken.»

Hiesige Wässer würden oft «gedankenlos und uninspiriert» angeboten. Und das, obwohl viele der Mineralwasserquellen eine vielfältige Geschichte hätten.

Kaufst du Schweizer Mineralwasser?

«Bei den meisten geht sie auf den Kurtourismus und Trinkheilkuren im 19. Jahrhundert zurück, die reichlich Stoff für interessante Geschichten liefern», liefert Koch Ideen fürs Marketing.

Ein weiteres Problem: «Ausländisches Wasser wird zum Teil spottbillig angeboten – und erhält so den Vorzug beim Kauf. Zudem haben ausländische Konsumenten leider keinen Bezug zu Schweizer Getränkemarken», meint er.

«Leitungswasser hat gute Qualität»

Der Linkedin-Beitrag von Eptinger-Präsidentin Damaris Armbruster sorgt für sprudelnde Diskussionen. Während einige in den Kommentaren das Italo-Wasser in der Beiz verteidigen, verstehen andere nicht, warum man nicht lieber Hahnenwasser trinkt.

Dazu meint sie: «Ich verstehe diesen Gedanken – unser Leitungswasser in der Schweiz hat gute Qualität.»

Wasser
Hahnenwasser hat in der Schweiz gute Qualität – und doch ist es nicht das gleiche wie Mineralwasser. - keystone

Allerdings sei dieses rezykliert, aufbereitet und enthalte daher oft wenige Mineralen. Anders sei dies bei Mineralwasser, das aus der Natur gewonnen wird und vor unerwünschten Umwelteinflüssen wie Pestiziden geschützt wird.

Für sie ist daher klar: «Wenn ich ein feines Menü geniesse, bevorzuge ich ein natürliches Schweizer Mineralwasser.» Und: «Bestenfalls sind auch noch wertvolle Mineralien für den Körper enthalten.»

Schweizer Gastroszene lässt sich nicht in Karten blicken

Schweizer Gastronominnen und Gastronomen wollen sich nicht für ihre Wasserwahl rechtfertigen. Offenbar ist das Thema nicht ohne Spritzigkeit.

Während einige Betriebe trotz mehrmaliger Anfrage nicht antworten, schreibt die Bindella-Gruppe (über 40 italienische Restaurants in der Schweiz): «Grundsätzlich äussern wir uns nicht zu Sortimentsfragen über die Medien. Wir bitten um Verständnis, dass wir hierzu keine Auskunft geben.»

Kommentare

User #6302 (nicht angemeldet)

Mir ist egal, woher das jeweils billigste Wasser kommt.

User #6335 (nicht angemeldet)

Ich trinke auch mal gerne zur Abwechslung ein „ausländisches“ Mineralwasser. Grundsätzlich begrüsse ich aber, das Schweizer Produkte angeboten werden !

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