Interne Dokumente enthüllen BAG-Überforderung während Krise
BAG-Mitarbeitende kritisieren die mangelhafte Führung, die schlechte interne Kommunikation und die chaotische Übergabe der Chef-Position während der Pandemie.

Das Wichtigste in Kürze
- Das BAG, besonders die Abteilung für übertragbare Krankheiten, steht plötzlich im Fokus.
- Aus einem internen Bericht geht hervor, welche Mängel die Mitarbeitenden hervorheben.
- Vor allem der ehemalige Leiter der Abteilung Daniel Koch kommt darin nicht gut weg.
Das Bundesamt für Gesundheit war über Jahrzehnte eine unauffällige und im Hintergrund agierende Behörde. Das hat sich mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie schlagartig geändert, vor allem für die Abteilung übertragbare Krankheiten.
Plötzlich ist die ganze Schweiz direkt auf das BAG angewiesen. Es liefert die Informationen, wie wir uns vor der neuartigen Krankheit schützen können. Doch die Massnahmen gegen das Coronavirus bedeuten auch einschneidende Eingriffe für unsere Freiheit, Menschen und Wirtschaft leiden.
Dadurch wird dem BAG noch genauer auf die Hände geschaut, die Kritik wird immer lauter. Das interne Dokument «Organisations- und Prozessanalyse», von psychologischen Experten eines Beratungsunternehmens erstellt, liefert eine Analyse der Arbeitsabläufe und Führungsstrukturen der Behörde. Es zeigt laut «CH Media» das «Bild einer Abteilung, die ans Limit kommt».
Abteilungsleiter soll die Abteilung leiten
Mitarbeitende beklagten etwa die Personalführung im BAG und die interne Kommunikation. Es sei intern nicht immer klar gewesen, wer woran arbeite. Teilweise hätten sogar die Angestellten selbst «mehr über die Medien als durch die interne Kommunikation erfahren.»
BAG-Informationen durch die Medien erhielt man meist durch den Chef der Abteilung Daniel Koch. Er trat an den Pressekonferenzen an der Seite der Bundesräte auf und informierte die Bevölkerung über die aktuelle Lage.

Dadurch sei jedoch gerade in der hektischsten Phase intern der Leiter der Abteilung nicht präsent genug gewesen, klagten Mitarbeitende. «Der Abteilungsleiter soll bei der Abteilung bleiben und nicht Mediensprecher werden», zitiert «CH Media» aus dem 60-seitigen Papier. Es sei von einer «One-Man-Show» die Rede gewesen. Viele hätten sich jedoch gewünscht, der Abteilungsleiter würde auch Abteilungsleiter bleiben und nicht zum Mediensprecher werden.
Laut Experten sei es einfach nicht möglich, alles unter einen Hut zu bringen: Die Abteilung und die Task Force leiten und sich auch noch um die öffentliche Kommunikation kümmern.
Die Personalführung sei zu kurz gekommen. Bei der Planung seien die internen Kompetenzen zu wenig berücksichtigt worden. Ausserdem sei die Arbeitslast schlecht verteilt worden. Während einige Fachkräfte unermüdlich schufteten, hätten andere kaum etwas zu tun gehabt. So seien wertvolle Ressourcen ungenutzt geblieben.
Chaotische Übergabe an Stefan Kuster
Ende März stand dann für Daniel Koch die Pensionierung an. Während des Lockdowns fand die Übergabe an seinen Nachfolger Stefan Kuster statt. Dieser hatte kurz darauf bereits seinen Rücktritt angekündigt.

Aus Sicht der Mitarbeitenden sei der Übergabeprozess chaotisch über die Bühne gegangen. Teilweise hätten die Dossiers und die damit verbundenen Aufgaben innert weniger Stunden übergeben werden müssen.
Entscheidungen von Koch und Berset im Alleingang
Ehemalige Angestellte Kochs bemängelten auch seine Entscheidungen und die Art, wie er diese getroffen habe. «Lieber hörte er auf ein paar Ärzte aus dem Bekanntenkreis statt auf Studien», erzählt gemäss dem Medienunternehmen ein langjähriger Mitarbeiter.
Koch habe ebenfalls Entscheidungen mit Gesundheitsminister Alain Berset zusammen getroffen, ohne vorher die Meinung der Taskforce einzuholen.

Über zu wenig Gehör beklagten sich ihrerseits auch Forschende und Kantonsärzte. Das BAG habe sie zu Beginn der Pandemie nicht als Kooperationspartner wahrgenommen.