Inflation

Immer mehr Schweizer werden betrieben

Matthias Neuhaus
Matthias Neuhaus

Zürich,

Schweizweit nimmt die Anzahl der Betreibungsgesuche stark zu. 2023 erreichen die Zahlen bereits wieder das Niveau aus der Zeit vor der Coronapandemie.

Betreibungen
Die Betreibungsämter haben derzeit alle Hände voll zu tun. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizer Kantone verzeichnen mehr Betreibungsfälle als im Vorjahr.
  • Ein Experte rechnet mit einem Anstieg von 10 bis 15 Prozent.
  • Über die Gründe der Zunahme gibt es verschiedene Meinungen.

Werden Rechnungen trotz Mahnungen und Zahlungserinnerungen nicht bezahlt, wird die Schweizer Justiz aktiv. Mittels Betreibung kann ein Gläubiger sein Geld auf dem Rechtsweg einfordern. Diese Fälle nehmen derzeit zu.

So lag etwa die Anzahl der Betreibungen im Kanton Zürich 2023 bei 440'256. Das sind fast zehn Prozent mehr als noch im Vorjahr (400'924). In der Stadt Zug sind es sogar fast 30 Prozent mehr.

Und in Zofingen AG muss das Betreibungsamt aufgrund der hohen Arbeitslast sogar die Öffnungszeiten anpassen. Damit die Mitarbeitenden die vielen Aufträge abarbeiten konnten, wurde der Schalter an zwei Nachmittagen geschlossen.

Mit einem Anstieg rechnet auch Stephan Boesch vom Verband der Betreibungsbeamten der Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden und Uri. «Wir gehen davon aus, dass die Betreibungszahlen in der Zentralschweiz gestiegen sind», sagt er auf Anfrage von Nau.ch. Voraussichtlich werde die Zunahme bei rund zehn Prozent liegen.

Rückgang während Coronapandemie

Und wie sind die erhöhten Zahlen zu begründen? Boesch sieht die Inflation als möglichen Treiber. «Die höheren Lebenskosten – Wohnen, Energie, Benzin, Krankenkassen – führen vielerorts zu finanziellen Engpässen», erklärt er.

Die offiziellen Zahlen für die gesamte Schweiz stehen für das Jahr 2023 noch aus. Diese werden jeweils vom Bundesamt für Statistik veröffentlicht.

Die Tendenz der Kantone deckt sich jedoch mit den schweizweiten Prognosen. «Wir rechnen mit einem Anstieg im Bereich von zehn bis 15 Prozent.» Das sagt Bogdan Todic vom Zentralvorstand der Konferenz der Schweizer Betreibungs- und Konkursbeamten auf Anfrage.

Im Gegensatz zu Boesch nennt Todic aber nicht die Inflation als Ursache. Er glaubt, es handle sich stattdessen nach einem Corona-Tief um eine Normalisierung.

Experte glaubt an Vor-Corona-Angleichung

Es sei nämlich wichtig, sich die Entwicklung der Zahlen anzuschauen. «Die Betreibungsfälle haben bis 2019 kontinuierlich leicht zugenommen. In den Corona-Jahren 2020 bis 2022 wurde aber ein Rückgang verzeichnet.» Dieser sei wohl auf die staatlichen Unterstützungsmassnahmen zurückzuführen.

Nun steigen die Betreibungsfälle wieder an. Todic betont: «Allerdings wird jetzt in etwa wieder das Niveau von 2019 erreicht oder leicht übertroffen. Über den gesamten Zeitraum kann daher nicht von einem exponentiellen Wachstum der Betreibungsfälle gesprochen werden.»

Wurden Sie schon einmal betrieben?

Als Beispiel nennt der Experte die Stadt St. Gallen. Dort nimmt die Anzahl der Betreibungen gegenüber 2022 um 11,5 Prozent zu. Im Vergleich zu 2019 beträgt die Zunahme jedoch «nur» 2,3 Prozent.

Aus diesem Grund könne die Inflation nicht als Grund für den Anstieg genannt werden. «Es ist vielmehr eine Normalisierung der Entwicklung, welche zwischenzeitlich durch die Covid-Phase beeinträchtigt wurde», glaubt Bogdan Todic.

Kommentare

Weiterlesen

Gemeinde
Corona
26 Interaktionen
Trotz Krise
KSA
Gesundheit Aargau

MEHR INFLATION

inflation einkaufen symbolbild
5 Interaktionen
0,4 Prozent
inflation der schweiz
3 Interaktionen
0,0 Prozent
Inflation
31 Interaktionen
Preise unverändert
Inflation Lebensmittel
Abnahme

MEHR AUS STADT ZüRICH

a
4 Interaktionen
0:3 gegen FCZ
Zürich Hotel Airbnb
«Lieber Hotel»
gc
212 Interaktionen
0:3
gc fcz
212 Interaktionen
Winti siegt