«Hilfreich»: Experte kritisiert Streichen der Hautfarbe bei Fahndung

Vivian Balsiger
Vivian Balsiger

Obwalden,

Die Hautfarbe verschwindet aus der Schweizer Fahndungsdatenbank – aus Angst vor Diskriminierung. Ein Experte warnt.

Fahndung
Die Polizei streicht die Hautfarbe aus der Fahndungsdatenbank. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Polizei darf bei Fahndungen die Hautfarbe nicht mehr nennen.
  • Die Anpassung stösst auf Kritik.
  • Es müsse differenziert werden, sagt Experte Patrice Martin Zumsteg.

Die Polizei darf in ihrem nationalen Fahndungssystem die Hautfarbe nicht mehr als Identifikationsmerkmal angeben. Das hat das Bundesamt für Polizei (Fedpol) am Freitag offiziell an alle Polizeikorps kommuniziert. Nach der Beschwerde einer ausländischen Behörde.

Der Schritt sorgt intern für Unmut: Ermittler befürchten, durch die neue Regelung in ihrer Arbeit eingeschränkt zu werden. Doch das Fedpol winkt ab: Die Hautfarbe sei ohnehin kaum verwendet worden – in unter einem Prozent der Ripol-Ausschreibungen.

Auch internationale Partner würden auf dieses Merkmal verzichten, da es als ungenau gelte.

Diskriminierung soll verhindert werden

Um Diskriminierung zu vermeiden, sollen die Angaben der Hautfarbe in der Fahndungsdatenbank künftig also wegfallen. Doch genau dem steht Rechtsanwalt Patrice Martin Zumsteg kritisch gegenüber.

Der Polizeirechtsexperte lehrt und forscht an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Im SRF-Interview betont er die Wichtigkeit einer differenzierten Sichtweise. Man müsse klar trennen: deskriptives Profiling – also Beschreibung einer konkret gesuchten Person und prädiktives (verallgemeinerndes) Profiling.

Bei diesem schliesst man aufgrund von Merkmalen wie der Hautfarbe auf kriminelles Verhalten.

Prädiktives Profiling: Ein gefährlicher Trugschluss

Problematisch ist laut Zumsteg das prädiktive Profiling. Also der Schluss von Äusserlichkeiten wie Hautfarbe oder Herkunft auf ein mutmassliches Verhalten.

Solche Denkmuster führen im Alltag dazu, dass bestimmte Gruppen häufiger polizeilich kontrolliert werden. Etwa die Annahme, jemand handle mit Drogen, weil er einer bestimmten Ethnie angehöre, erklärt er dem Sender.

Wie findest du die Fahndungs-Anpassung?

Beim deskriptiven Profiling handle es sich jedoch um konkrete Fahndungen: «Wenn ich nach einer bestimmten Person suche, dann will ich möglichst weitgehend erklären können, wie die Person aussieht», sagt Zumsteg. Das gelte auch für entführte Kinder im Ripol-System.

«Die Hautfarbe kann in diesem Zusammenhang ein hilfreiches Kriterium sein», so Zumsteg.

Angaben zur Herkunft immer noch in Gebrauch

Nur weil Hautfarbe potenziell diskriminierend genutzt werden könne, dürfe man sie nicht grundsätzlich verbieten, warnt Zumsteg. Sonst müsste man konsequenterweise auch Alter oder Geschlecht streichen.

Statt Hautfarben nutzt das Fedpol nun Herkunftsangaben wie «asiatisch», «orientalisch» oder «slawisch». Doch auch diese Begriffe bergen Risiken für pauschale Vorverurteilungen.

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