Wegen eines Berichts über Verschwörungstheoretiker in der Romandie hagelte es für das Onlineportal Heidi.news erboste Kommentare.
Corona-Skeptiker demonstrieren auf dem Bundesplatz in Bern. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Onlineportal Heidi.news veröffentlichte einen Bericht über Verschwörungstheoretiker.
  • Dies löste eine Welle erboster Kommentare aus.
  • Die Redaktion überlegt sich nun, ob sie Strafanzeige erstatten soll.

Ein Bericht des Onlineportals Heidi.news über Verschwörungstheoretiker-Kreise in der Romandie hat im Internet eine Welle von erbosten Kommentaren ausgelöst. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt «nachdrücklich die rassistischen Beleidigungen», die sich direkt gegen den Journalisten richten. Dieser hat verdeckt recherchiert und die Geschichte geschrieben.

«Diese Reaktionen erinnern daran, dass die Schweiz gegen Rassismus und Hass auf Journalisten nicht immun ist.» Dies teilte die Schweizer Sektion der NGO am Dienstag in einer Stellungnahme mit. Die Kommentare einiger Internetnutzer in sozialen Netzwerken seien «zutiefst schockierend».

Heidi.news könnte Strafanzeige erstatten

Heidi.news überlegt sich Strafanzeige zu erstatten, wie Chefredaktor Serge Michel der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Bislang wurden nur zwei der sieben Teile der Recherche «Au coeur de la complosphère» (Im Zentrum der Verschwörung) veröffentlicht. Léman Bleu, der sich an dieser Recherche beteiligt hatte, veröffentlichte ebenfalls einen Bericht zu diesem Thema.

heidi.news
Der bekannte Westschweizer Journalist Serge Michel ist einer der Promotoren von Heidi.news. (Archiv) - Keystone

Der Journalist Sami Zaïbi leitete die Recherche. Zwei Monate lang unterwanderte er eine Gruppierung aus sogenannten Verschwörungstheoretikern, die insbesondere das Referendum gegen die Corona-Warn-App lancierte. Der Genfer tunesischer Herkunft schloss sich dem Team an, das Videos für einen Web-Kanal produziert. Dessen Ziel ist es, «Überlebenstipps für diese Welt in der Verdammnis» zu geben.

Zaïbi hat diese «Flut von Beleidigungen» erwartet, wie er auf Anfrage sagte. Er habe sich bereit erklärt, die journalistische Herausforderung anzunehmen. Wegen des öffentlichen Interesses an diesem Thema und an den Menschen, die in diesen Kreisen verkehren. «Inmitten einer Gesundheitskrise sind ihre Theorien gefährlich, denn es sterben Menschen», sagte der Journalist.

Lehrerin will Strafanzeige wegen verdeckter Recherche erstatten

Unter den im Bericht genannten Personen protestiert eine Lehrerin, die sich derzeit im Sabbatical befindet, gegen die Undercover-Reportage von Heidi.news und prangert «Lügen an, die ihr schaden wollen». Sie plant, Strafanzeige wegen Verleumdung und Persönlichkeitsverletzung zu erstatten.

anti-corona-demo berlin
Eine Anti-Corona-Demo vor dem Reichstag in Berlin. - dpa

Chefredaktor Michel rechtfertigt hingegen die verdeckte Recherche. Der Zweck dieser Methode sei es in diesem speziellen Fall gewesen, Informationen von öffentlichem Interesse zu erhalten. Diese hätten nicht auf anderem Wege beschafft werden können.

Mehrere Lehrer hangen Verschwörungstheoretiker-Kreisen an

Nachdem die Journalisten herausfanden, dass mehrere Lehrer in diesen sogenannten Verschwörungstherotiker-Kreisen verkehren, wurde Heidi.news beim Genfer Erziehungsdepartement vorstellig. Das Departement äussere sich nicht zu den Personalakten seiner Mitarbeiter, hiess es am Dienstag auf Anfrage von Keystone-SDA.

Es sei jedoch klar, dass Äusserungen im Sinne der Verschwörungstheorien im Klassenzimmer nicht toleriert würden. Was öffentliche Äusserungen anbelange, so ist die Meinungsfreiheit durch die Bundesverfassung garantiert, hiess es weiter. Für Amtsträger könnten je nach ihrer Funktion, dem Kontext oder dem Inhalt des Ausdrucks Einschränkungen gelten.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

InternetHass