Die Corona-Impfungen in ärmeren Ländern werden zu langsam durchgeführt. Dies liegt an fehlendem Impfstoff. Ein WHO-Vertreter sieht dies als Marktmanipulation.
Weltgesundheitsorganisation WHO
Das Logo der Weltgesundheitsorganisation WHO. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen fehlendem Impfstoff kommen die Corona-Impfungen in armen Ländern nur langsam voran.
  • Ein ranghoher Vertreter von WHO führt dies auf Marktmanipulationen zurück.
  • Er verlangt mehr Transparenz der Herstellerfirmen über ihre Produktion und Lieferung.

Das mangelnde Tempo bei den Corona-Impfungen in ärmeren Ländern liegt an fehlendem Impfstoff. Dies ist nach Auffassung eines ranghohen Vertreters der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Marktmanipulationen zurückzuführen. Bruce Aylward, Berater des WHO-Generalsekretärs für Impffragen, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur DPA: Er verlange mehr Transparenz der Herstellerfirmen über ihre Produktion und Lieferungen.

Das Ziel der WHO, bis Ende September zehn Prozent der Menschen in allen Ländern geimpft zu haben, wird verfehlt. Einige Dutzend Länder vor allem in Afrika liegen deutlich darunter.

9,8 Milliarden Doller für Impfdosen

Aylward kümmert sich unter anderem um die Impfinitiative Covax. Mit dieser plante die WHO ursprünglich eine faire Verteilung der Impfstoffe weltweit. Die reichen Länder seien zwar an Bord, hätten aber, als es endlich Impfstoffe gab, separate Deals mit den Herstellern gemacht. Covax habe Verträge über die Lieferung von hunderten Millionen Impfdosen unterzeichnet, warte aber auf Zustellung.

Das Programm hat insgesamt 9,8 Milliarden Dollar für den Ankauf von Impfdosen erhalten. «Irgendjemand manipuliert den Markt», sagte Aylward der dpa. «Der grösste Käufer sitzt auf dem Geld, hat Verträge unterzeichnet und wird nicht beliefert. Da passiert etwas Seltsames im Markt.»

Reiche Länder wollen Kontrolle

Aylward sieht als Motiv Profitmaximierung, wie er sagte. Die Herstellerfirmen sagten stattdessen, sie lieferten nach dem Eingang der Bestellungen. Regierungen in reichen Ländern hätten ihre Verträge früher unterzeichnet als Covax. Dazu sagt Aylward, Regierungen, die gut versorgt seien, könnten dafür sorgen, dass weitere Bestellungen an Covax gingen.

Womöglich sei es reicheren Ländern aber recht, Lieferungen zu bekommen und dann Impfdosen zu spenden. Somit hätten diese mehr Kontrolle über die Verteilung. Sie wollten mit gespendeten Dosen oft bestimmte Länder beliefern.

Aylward: Lieber im Rettungsboot mit den Ärmeren

Um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen, seien nur 200 Millionen Impfdosen nötig gewesen, sagte Aylward. Gemessen an den 1,5 Milliarden Corona-Impfdosen, die nach Angaben des Weltpharmaverbands IFPMA hergestellt werden, sei das ein Klacks. Warum Covax angesichts solcher Produktionsmengen nicht zügig beliefert werde, sei nicht nachzuvollziehen.

Aylward zog einen Vergleich mit einem Rettungsboot: «Ich sässe lieber nicht mit den reichen Ländern in einem Boot, die würden sich die Rettungswesten unter den Nagel reissen. Ich sässe lieber im Boot mit den ärmeren Ländern, die es gewohnt sind, zu teilen.»

Regierung soll Druck ausüben

Nun müsse das Augenmerk auf das nächste Ziel gerichtet werden: eine Durchimpfung von mindestens 40 Prozent in allen Ländern bis Ende des Jahres. Um das zu erreichen, seien für die ärmeren Länder knapp zwei Milliarden Impfdosen nötig. Die WHO setze unter anderem auf ein geplantes G20-Treffen im Oktober in Italien. Regierungen müssten Druck auf die Firmen machen, um Herstellung und Lieferungen offenzulegen, sagte Aylward.

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