Frust bei Berner Polizisten: Dienst-Handy soll jetzt immer an sein!
Berner Polizisten sind sauer: Die Kapo Bern bittet wegen drohenden Demos, dass das Dienst-Handy bis Ende November immer greifbar ist. Geld gibt's dafür nicht.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Kapo Bern wendet sich mit einer E-Mail an die Angestellten.
- Das Kommando fordert, dass das Dienst-Handy bis Ende November auf sich getragen wird.
- Grund ist, dass man bei allfälligen Demos und anderen Aktionen rasch reagieren könnte.
- Bei den Berner Polizisten kommt dies nicht gut an – es werde Gratis-Bereitschaft verlangt.
- Auch die Polizei-Gewerkschaft spricht von einer «Frechheit».
Am 11. Oktober eskalierte eine unbewilligte Palästina-Demo in Bern komplett. Nebst Millionen-Schaden werden bei Gewalt-Exzessen und Böller-Attacken auch 18 Polizisten verletzt. Auch Tage nach der Demo leiden mehrere Polizisten noch unter Hörschäden.
Die Lage bleibt weiterhin angespannt. Darum hat sich die Kantonspolizei Bern bereits Anfang Oktober mit einer E-Mail an die Mitarbeiter gewandt. Nau.ch liegt diese vor.
Das Dienst-Handy läutet jetzt auch in der Freizeit
Kommandant-Stellvertreter Stefan Lanzrein schreibt: Auch in den kommenden Wochen könne man Kundgebungen, Gleisbesetzungen oder anderen Aktionen nicht ausschliessen. Die Polizei müsse rasch handeln können.
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«Ich ersuche Sie, Ihr Dienst-Handy ab sofort bis voraussichtlich Ende November auf sich zu tragen. Beziehungsweise dieses auch nach Dienstende eingeschaltet in der Nähe aufzubewahren.»
Es gehe darum, dass ausreichend Mitarbeitende von einer Alarmierung Kenntnis erhielten und Kollegen im Ereignisfall unterstützen könnten.
Man sei sich bewusst, dass die Anordnung eine zusätzliche Belastung darstellen könne. «Für ihren Einsatz und ihre Flexibilität bedanke ich mich deshalb umso mehr.»
Berner Polizisten sauer: «Wir arbeiten uns krank»
Trotz Extra-Dankeschön: Die E-Mail bringt das Fass bei vielen Polizisten zum Überlaufen. Bei Nau.ch melden sich verschiedene verärgerte Mitarbeiter.
«Viele Kollegen fühlen sich durch die Weisung beruflich und persönlich stark eingeschränkt. Das Hauptproblem ist, dass wir uns durch Überarbeitung und unbezahlte Bereitschaftsdienste krank arbeiten», so ein Vorwurf einer Polizistin.
Vorwürfe: Wer reklamiert, wird bestraft
Weitere Kritik gibt es von Mitarbeitern der Kantonspolizei Bern an ihren Arbeitgeber wegen «Repressalien». Ignorieren dürfe man die Weisung nämlich nicht, andernfalls würden disziplinarische Konsequenzen drohen.
«Ein Versuch, intern darüber zu sprechen, kann zum Beispiel Folgen auf unsere Dienstplanung haben. Wir kennen zahlreiche Beispiele, wo jemand langfristig indirekt bestraft wurde, wenn er offen mit der Leitung über Missstände sprechen wollte. Auch das HR unterstützt das Fehlverhalten nicht.»
Solche und ähnliche Meldungen erhält auch die Polizeigewerkschaft des Kantons Bern. Das bestätigt Präsident Adrian Wüthrich.
«Was die Kapo Bern verlangt, ist eine Frechheit»
Er wird deutlich: «Was die Kantonspolizei Bern von ihren Polizisten und Polizistinnen verlangt, ist eine Frechheit. Die Handy-Weisung ist ein massiver Einschnitt in das Privatleben der Angestellten. Wenn jemand dauernd sein Berufs-Handy bei sich tragen muss, ist das nicht mehr Freizeit.»
Hinzu komme, dass es keine Entschädigung gebe. Kein Wunder, seien viele Polizisten gefrustet.

Auch Wüthrich ist zu Ohren gekommen, dass sich Mitarbeitende nach kritischem Feedback schlechter behandelt fühlen. «Die Kapo muss hier dringend über die Bücher.»
Es sind heftige Vorwürfe der Angestellten und Gewerkschaft. Nau.ch konfrontiert die Kantonspolizei Bern damit.
Kapo Bern widerspricht: Polizisten entscheiden selbst, ob sie arbeiten wollen
Bei der Mail handle es sich um eine «Sensibilisierung», korrigiert man die Kritik der Mitarbeitenden. Richtig sei, dass es aktuell wegen allfälligen Demos besonders wichtig sei, dass Mitarbeitende gut erreichbar seien.
«Es geht darum, dass ausreichend Mitarbeitende in der Freizeit von einer Alarmierung Kenntnis erhalten und diese quittieren können. Im Falle einer Alarmierung entscheiden die Mitarbeitenden selbst, ob sie dienstfähig und einsatzbereit sind oder nicht. Eine Pikettstellung mit Einrückpflicht, welche selbstverständlich entschädigt würde, ist gegenwärtig aber nicht erforderlich.»
Polizisten, die dann effektiv freiwillig einen ausserordentlichen Einsatz leisten, würden mit 100 Franken entschädigt.
Kapo Bern will offene Feedback-Kultur
Auch kann die Kapo Bern die Kritik bezüglich Beschwerden nicht verstehen. «Wir haben uns eine offene und konstruktive Feedback-Kultur auf die Fahne geschrieben.»
Diese wolle man auch leben. «Die betreffenden Mitarbeitenden können sich jederzeit beim Kommando melden.»

Die geschilderten Fälle würden klar nicht den Ansprüchen entsprechen. Man habe bislang keine Kenntnis davon gehabt.
Die Kapo widerspricht den Schilderungen der Mitarbeitenden: «Es drohen weder disziplinarische Konsequenzen noch passiert den Mitarbeitenden sonst irgendetwas, wenn sie nicht ausserordentlich zum Einsatz kommen können.»
Zürcher und Basler haben andere Regeln
Aktuell gilt: Bis Ende November müssen Berner Polizisten in der Freizeit das Berufs-Handy auf sich tragen. Eine Verlängerung ist aber nicht ausgeschlossen.
Bei den Zürcher Polizeien sowie der Kapo Basel-Stadt gibt es eine solche Sensibilisierung nicht.











