Neuste Daten des Bundes zeigen, dass Frauen im ÖV doppelt so häufig verunfallen wie Männer. Mit der Infrastruktur habe dies nichts zu tun, so die Betriebe.
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Frauen verunfallen im ÖV doppelt so häufig wie Männer. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • 1278 Frauen verletzten sich seit 2019 bei Unfällen in öffentlichen Transportmitteln.
  • Bei den männlichen Unfallopfer beträgt die Zahl gerade einmal die Hälfte.
  • Eine Analyse des Bundes fehlt, die Betriebe sehen den Grund nicht bei der Infrastruktur.

Bei Unfallopfern im öffentlichen Verkehr wird seit 2019 das Geschlecht erfasst. Die Aufzeichnungen zeigen, dass besonders Frauen öfter im ÖV zu Schaden kommen. Seit Beginn der Aufzeichnungen waren es 1278 weibliche Opfer und nur 602 männliche Verunfallte.

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Eine Frau geht am Bahnhof Bern auf dem Perron. - Keystone

Dies zeigen Daten des Bundes, die von «Tamedia» zusammengetragen wurden. Bei den Unfällen handelt es sich ausschliesslich um sicherheitsrelevante Zwischenfälle im öffentlichen Verkehr. Von Bus über Bahn bis hin zu Sessellift, manche Unfälle sind harmlos, andere fordern Schwerverletzte.

«Frauen werden älter und nutzen den ÖV mehr als Männer»

Der Geschlechter-Diskrepanz ist man sich beim Gleichstellungs-Büro nicht bewusst. Allerdings prüfe das Bundesamt für Verkehr BAV, eine vertiefte Analyse durchzuführen. Das sagt Kommunikationsleiter Andreas Windlinger vom BAV. Die gesetzliche Verantwortung für die Sicherheit liege bei den Transportunternehmen selbst.

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1278 Frauen verunfallten seit 2019 im öffentlichen Verkehr.
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Männer sind viel weniger oft betroffen. Gerade einmal 602 Männer zogen sich Verletzungen im öV zu.
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Warum Frauen öfter verunfallen, ist bisher noch unklar.
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Und was tragen Kinderwagen, Handtasche und Co. dazu bei?

Bei Bernmobil war man sich der Tatsache bisher nicht bewusst, wie Rolf Meyer gegenüber «Tamedia» preisgibt. Man sei ratlos, wieso auf dem Streckennetz 78 Frauen und nur 26 Männer in einen Unfall verwickelt waren. Meyer geht von einer demografischen Ursache aus. «Frauen werden älter und nutzen den ÖV mehr als Männer.»

Bei den Zahlen der ÖV-Abos zeigt sich kein frappanter Unterschied. 61 Prozent der Frauen besitzen ein Abonnement, bei den Männern sind es 52 Prozent. Zudem würden häufiger Frauen unter dem Pensionsalter verunfallen als Seniorinnen.

Männerdomäne Verkehrsplanung

Der Verkehrsclub Deutschland begründet den Unterschied mit der Ausrichtung des öffentlichen Verkehrs. Frauen würden das Verkehrsmittel nicht nur für den Arbeitsweg nutzen. Sie hätten oft Kinder, Einkäufe oder Kinderwagen dabei, die Ansprüche an die Infrastruktur seien daher andere.

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Für die Verkehrsplanung sind heute noch hauptsächlich Männer zuständig. - Keystone

Allerdings sei die Verkehrsplanung «immer noch Männersache», so der Verkehrsclub. Auch das Pendant aus Österreich gibt an, dass Frauen im Mobilitätsbereich noch nicht gleichgestellt seien. Die Verkehrsplanung als Männerdomäne stelle auch hierzulande ein Problem dar.

«Ich kenne persönlich keine einzige Ingenieurin bei der Bahn», sagt Gewerkschafts-Vizepräsidentin des Verkehrspersonals, Barbara Spalinger. Es könne sein, dass ÖV-Mittel somit eher für Männer konzipiert würden. Dazu gehören etwa hohe Stufen oder Haltemöglichkeiten.

Handtaschen und High-Heels

Die meisten Unfälle ereignen sich wegen «Fehlhandlungen gegen Vorschriften oder Signale des Strassenverkehrs». Etwa, wenn eine Strassenbahn wegen eines Autos auf den Schienen eine Vollbremsung hinlegen muss. Danach folgen «Fehler beim Festhalten» und schliesslich «beim Ein- und Aussteigen».

Sind Sie schon einmal im ÖV verunfallt?

Beat Nater, Mitglied der Geschäftsleitung bei den Verkehrsbetrieben Luzern, sieht den Grund im Meldeverhalten. «Weil Männer weniger oft Bescheid geben, wenn sie sich wehgetan haben», so Nater. Weiter könnten auch Schuhe mit hohen Absätzen oder das Herumkramen in der Handtasche der Grund sein.

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