Die «linken woken Ideologien» würden die Forschungsfreiheit einschränken, sagt Ethnologin Susanne Schröter. Auch für diese Aussage erntet sie Kritik.
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Eine Forscherin warnt, dass Forschende gewisse Themen meiden würden, weil sie Angst vor «wokem» Widerspruch hätten. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Die woken Bewegungen würden die Forschungsfreiheit einschränken, glaubt eine Ethnologin.
  • Die Forschenden würden sich an heikle Themen nicht mehr getrauen.
  • Diese Aussage muss allerdings auch unter die Lupe genommen werden, meint ein Historiker.
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«Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht» – so heisst das neue Buch von Ethnologin Susanne Schröter. Für sie ist klar: Forschende wagen es nicht mehr, kontroverse Themen anzusprechen aus Angst vor dem Widerspruch der «woken Linken».

Das sagt sie in einem Interview in der SRF-Sendung «Echo der Zeit». Interessant sei, dass die Bewegung nicht nur von Studierenden kommt, sondern auch von Professorinnen und Professoren, Aktivistinnen und Aktivisten und wissenschaftlichen Mitarbeitenden.

Geistes- und Naturwissenschaften besonders betroffen

Zurzeit gibt es laut Schröter keine empirischen Studien zu diesem Phänomen – das hält sie aber für dringend notwendig. Befragungen von Hochschullehrern zeigen bereits jetzt eine steigende Zahl von Personen, die sich durch die «woke Welle» eingeschränkt fühlen.

Dies betrifft insbesondere Geisteswissenschaftler, aber auch Natur- und Wirtschaftswissenschaftler und sogar Mediziner. «30 bis 40 Prozent der Befragten sagen, dass sie nicht mehr jedes Thema angehen würden», sagt die Ethnologin.

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Ethnologin Susanne Schröter (rechts) mit der Medizinerin Ingrid zu Solms und der afghanischen Politikerin Zarifa Ghafari. - Susanne Schröter

Schröter warnt davor, dass diese Entwicklung die freie Forschung gefährdet. Sie nennt als Beispiel das Feld des legalistischen Islamismus in Deutschland. Der Begriff ist umstritten. Er meint den Versuch von islamistischen Personen, auf rechtlichem Weg Einfluss auf die Politik zu nehmen.

Für die Expertin ist klar, dass sich junge Forschende nicht mehr an dieses multikulturelle Thema herantrauen. Zur «woken Linken» meint Schröter: «Es sind Ideologen. Sie verbindet eine einheitliche Vorstellung, wie die Welt beschaffen ist, in welche Richtung sie sich entwickeln soll. Und wer Freund und wer Feind ist.»

Der «Ideologie-Vorwurf» und seine Problematik

Mit ihren Aussagen erntet Schröter Kritik. Der «Ideologie-Vorwurf» könne die Wissenschaft ebenfalls in Gefahr bringen, sagt der Basler Historiker Georg Kreis gegenüber SRF. «Der Ideologie-Vorwurf entspringt oft Haltungen, die selber ideologisch geprägt sind.»

Er sagt: «Fragestellungen dürfen politisch sein, manche müssen es sogar sein. Vielleicht sind die Sozialwissenschaften dieser Politikproblematik stärker ausgesetzt: Weil sie sich völlig zu Recht mit Dingen beschäftigen, die nicht gut funktionieren.»

Was schränkt Ihrer Meinung nach die Forschungsfreiheit mehr ein?

Diese Diskussionen werfen Fragen der wissenschaftlichen Freiheit auf – und beide Seiten werfen der anderen vor, die Forschungsfreiheit einzuschränken. Doch Kreis betont: «Ein Dialog kann zu einer Erweiterung des Horizonts führen.»

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