Folter? Schwere Vorwürfe gegen Solothurner Psychiatrie
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter kritisiert die Solothurner Spitäler AG scharf. Demenzkranke würden zu lange fixiert und isoliert.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Kontrollbericht stellt der Solothurner Spitäler AG kein gutes Zeugnis aus.
- Bei einer Überprüfung wurden den Psychiatrischen Diensten viele Missstände attestiert.
- Demenzkranke wurden zum Teil viel zu lange fixiert und isoliert.
Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter hat die Psychiatrischen Dienste der Solothurner Spitäler AG unter die Lupe genommen. Ihr 18-seitiger Bericht bringt zahlreiche Missstände ans Licht, wie die «Solothurner Zeitung» berichtet.
Demenzkranke würden demnach mitunter über Tage oder zum Teil Wochen fixiert. Auch lebten Patienten teilweise tagelang von den anderen isoliert.
Für Demenzkranke gelten die Menschenrechte ebenso, sagte Kommissionspräsidentin Martina Caroni dem «Blick»: «Es geht nicht, dass Menschen fixiert werden, weil zu wenig Personal vorhanden ist.»
Personalmangel als Grund für Fixierung von Patienten
Eine veraltete Infrastruktur und fehlendes Personal wurden von den Spitalmitarbeitern nämlich als Gründe für das Vorgehen genannt. So sei nachts oft ein einziger Pfleger für 17 Patienten verantwortlich.

Die Kommission bezeichnet die Zustände in ihrem Bericht als unverhältnismässig und potenziell unmenschlich. Patienten sollten demnach nur im Ausnahmefall fixiert werden – und nicht, wie geschehen, zum Teil 20 Stunden am Stück.
Auch dürfe eine Isolierung nur einige Minuten dauern. Ein Patient war, als die vierköpfige Delegation der Folter-Kommission vor Ort war, seit neun Tagen mit zweitägiger Unterbrechung isoliert.
Spital ergreift erste Sofortmassnahmen
Auch andere Missstände stellten die Prüfer fest. Jugendliche würden etwa in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht werden. Das verstösst gegen Kinderrechte, wie die Kommission gemäss «Solothurner Zeitung» festhält.
Depotmedikamente würden zudem ohne Zustimmung verabreicht und oft mit Fixierungen kombiniert. Die Kommission sieht darin einen problematischen Eingriff in die Integrität der Patienten.
Die Spitäler haben laut deren Sprecher Gian Trionfini erste Sofortmassnahmen ergriffen. Details wurden jedoch vorerst nicht genannt. Bewegungseinschränkende Massnahmen würden allerdings nur angewendet, wenn andere Wege nicht helfen.
Trionfini betont, dass Demenzpatienten oft komplexe Krankheitsbilder aufweisen. Die Behandlung sei anspruchsvoll und individuell. «Im Zentrum steht die bestmögliche, menschzentrierte Behandlung», sagt er laut «Solothurner Zeitung».